Ein verunglückter Kuchen oder eine verregnete Bergtour – wer da so tut, als wär alles in bester Ordnung, ist ein Meister der Schönfärberei. Ein Unter Uns von KiZ-Redakteur Paul Stütz.
Ausgabe: 2016/10
08.03.2016 - Paul Stütz
Was tun, wenn die für die Schulveranstaltung gebackenen Muffins seltsam unförmig, sprich windschief aus dem Backrohr kommen? Mein Vorschlag, auf den schiachen Kuchen „Gletschermuffins“ draufzuschreiben und so zu tun, als wäre das Ganze beabsichtigt, kam bei meiner Frau letztens nicht so gut an. Ein neuer Kuchen musste her. Meine Liebe konnte sich zuvor den Hinweis nicht verkneifen, dass die Leute in der Schule nicht grenzdebil sind. Eine der Eigenschaften, die mir im Freundes- und Familienkreis nachgesagt wird, ist, dass ich zu Schönfärberei neige. „Ist nix passiert“, war zum Beispiel meine erste Reaktion, als ich vor ein paar Jahren über die Treppe geflogen bin und der Mittelfinger danach verdächtig anschwoll. Die ärztliche Diagnose einige Tage später: gebrochener Finger. Bei früheren Familien-Bergtouren habe ich die Sätze: „Wir sind bald oben“, oder: „Es wird sicher gleich aufreißen und zum Regnen aufhören“, überstrapaziert. Ich blieb immer streng beim Kurs, die Bergtour zu vollenden. Der Zweckoptimismus war dem Wetter meistens wurscht, es regnete „wie zu Fleiß“ in Strömen. Erst später am Abend, als wir alle auf der Hütte pitschnass ankamen, kam meine Einsicht, dass der Glaube leider nicht immer Berge versetzen kann.