Erster (ober-)österreichischer Film wiederentdeckt: Kaiser in Braunau/I.
Ausgabe: 2004/30, Film, Braunau, Filmarchiv, Österreich
21.07.2004
- Heinz Niederleitner
Der erste österreichische Film entstand in Braunau am Inn. Über Umwege und per Zufall kam er ins Filmarchiv Austria.
Am Samstag, den 20. März 1897 erlebte ein neues Medium seine Premiere in Oberösterreich. Johann Bläser führte im Hotel zum goldenen Schiff „Lebende Photographien“ vor, wie die Filme in ihrer Anfangszeit genannt wurden. Bläser war ein Freund der französischen Erfinder Lumière und Oberösterreichs erster Filmpionier. In Oberösterreich tourte er mit einem Wanderkino umher und stellte auf Jahrmärkten das technische Wunder vor. Als die Kinos sesshaft wurden, gründete er in der Linzer Landstraße das noch heute bestehende Zentralkino.
Zufallsfund
Aber Bläser war nicht nur Vorführer, er drehte unter schwierigen Umständen und mit einfachen Apparaturen selbst Filme. Seine Aufnahmen vom Kaiserbesuch in Braunau am Inn 1903 gelten als die ersten Filmaufnahmen Österreichs. Lange Zeit war dieser Film verschollen, doch ein Zufall führte zur Wiederentdeckung der Aufnahmen durch das Filmarchiv Austria. „Wir archivieren Filme nicht nur passiv, sondern gehen auch aktiv auf die Suche nach ihnen, um das österreichische Filmerbe zu erhalten“, sagt Mag. Ernst Kieninger, Direktor des Archives. „Wir suchen in anderen Archiven und privaten Sammlungen. Aus Linz wurde uns die Sammlung von Paul Heidinger angeboten, Besitzer des Apollo-Kinos. Er war ein Kinoenthusiast, hat für die Wochenschau gearbeitet und Filme gesammelt. Er dürfte in Kontakt mit Bläser gewesen sein und hat in den 20er Jahren die Kopie des Filmes hergestellt, die wir gefunden haben.“
Wertvolle Sammlung
Die ganze Sammlung enthält neben der großen Überraschung weitere Filme von besonderem Wert. So finden sich dort auch Filme aus den 20er, 30er und 40er Jahren aus Oberösterreich, die bislang unbekannt waren. Darunter Aufnahmen von der Bombenzerstörung der Göring-Werke in Linz (heute VOEST). „Der Zustand der Sammlung ist nicht schlecht“, sagt Kieninger, „einige Filme müssen wir aber restaurieren.“
Neben dem Sammeln, dem Zugänglichmachen und Präsentieren gehört das Restaurieren zu den Aufgaben des Filmarchives. „Wir erhalten tausend Anfragen von Leuten, die sich an einen Film erinnern und fragen, ob wir ihn haben“, erzählt der Archivleiter. Sollte der Film vorhanden sein, kann er im Filmarchiv angesehen werden. Darüber hinaus zeigt das Filmarchiv Filme in Retrospektiven. Es produziert Videoeditionen, wie „Österreich im historischen Film“, in denen Aufnahmen zur Vergangenheit österreichischer Regionen präsentiert werden. Derzeit ist eine Ausgabe zu Linz und Umgebung in Vorbereitung, sie wird auch Aufnahmen von Paul Heidinger beinhalten.
„Diese Edition ist immer gekoppelt mit dem Aufruf, Filme, die auf Dachböden schlummern, dem Filmarchiv zur Kenntnis zu bringen. Es gibt bei uns die Möglichkeit, sie mit uns gemeinsam zu sichten. Sind die Aufnahmen von Bedeutung, so treffen wir mit dem Eigentümer meist die Vereinbarung, ihm eine Kopie auf Video oder DVD zu erstellen, uns aber das Originalmaterial für das Archiv zu erhalten“, sagt Kieninger. Vielleicht tauchen ja schon bald wieder Raritäten wie der erste österreichische Film auf!