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Drei Bischöfe, zwei Dompfarrer, fünf Domkapellmeister haben Sie in Ihrer Amtszeit erlebt. Wie waren die Anfänge?
Wolfgang Kreuzhuber: Erstmals gespielt habe ich an der Rudigierorgel 1981, noch bevor ich Domorganist wurde. Es war ein Gottesdienst mit 8.000 Besucher:innen – und dementsprechend aufregend. Als ich 1982 meinen Dienst antrat, meinte Hermann Kronsteiner dann: „Mach was draus!“ Das war nicht leicht, denn anfangs hatte ich oft das Gefühl, die Orgel sei mein Privatvergnügen – eine Ausnahme war hier Dom-pfarrer Johann Bergsmann. Er hat mein Engagement sehr geschätzt, das hat mir viel bedeutet.
Was war Ihr größtes Anliegen? Was wollten Sie als Domorganist bewirken?
Kreuzhuber: Ich wollte die Rudigierorgel, die immer wieder als eine der herrlichsten Orgeln der Welt bezeichnet wird, aus ihrem Dornröschenschlaf wecken und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Sie sollte nicht bloß ein Klangdenkmal, sondern lebendig sein – und ich denke, das ist gelungen.
Was haben Sie in den letzten 42 Jahren schon alles unternommen, um die Rudigierorgel wachzuküssen?
Kreuzhuber: Ich habe von Anfang an großen Wert auf Nachwuchsförderung gelegt. Es war mir wichtig, dass auch junge, talentierte Organist:innen hier spielen können. Und ich habe früh damit begonnen, Orgelführungen für Kinder anzubieten – 2003 war eine Kindergartengruppe bei mir, die mich nachhaltig beeindruckt hat. Ein Kind sagte damals: „Die tiefen Töne gehen bis hinein in die Zehen!“ Die Rudigierorgel wirkt eben – durch und durch.
Sie haben nicht nur tausende Gottesdienste musikalisch mitgestaltet, sondern auch viele außergewöhnliche Konzertprogramme entwickelt und umgesetzt. Wie kam es dazu?
Kreuzhuber: Es war immer mein Anspruch, die Orgel als vielseitiges Instrument zu zeigen. Vom Beatles-Arrangement bis hin zu Jazz und Improvisation war bei uns alles möglich. Und wir haben immer wieder kreative Kooperationen gesucht – ob bei der Langen Nacht der Kirchen, mit ProMariendom oder beim Ars Electronica Festival. Letztes Jahr etwa gab’s eine Begegnung mit der Quantenphysik.
Welche Höhepunkte des Konzertlebens möchten Sie hervorheben?
Kreuzhuber: Zwei große Momente stechen wohl heraus: Der Internationale Orgelimprovisationswettbewerb 1987 und der Besuch des Komponisten Olivier Messiaen 1991. Außerdem erinnere ich mich gern an 25 Raumklang-Konzerte, bei denen das Zusammenspiel der beiden Domorgeln, verschiedenen anderen Instrumenten und Domakustik ein Erlebnis der besonderen Art bot. Über die zwei Fernsehübertragungen meiner Messen – zuletzt 2022 – freue ich mich ebenfalls sehr.
Diese große Bandbreite spiegelt sich auch in den Abschiedskonzerten wider. Was ist Ihnen da wichtig?
Kreuzhuber: Ich möchte die Rudigierorgel in ihrer ganzen Klangvielfalt zeigen. Beim Dankgottesdienst „OrgelDankKlang“ spiele ich gemeinsam mit meinem Kollegen Gerhard Raab an beiden Orgeln des Mariendoms.
Beim „OrgelKunstDialog“ freue ich mich auf ein Konzert mit Weggefährt:innen aus Musik, Kunst und Tanz – und auf Erinnerungen und Anekdoten.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Kreuzhuber: Ich wünsche mir, dass die Rudigierorgel auch künftig eine zentrale Rolle in der Dommusik spielt und stets die nötige Pflege erhält.
Außerdem wünsche ich mir, dass geistige Tiefe und musikalische Qualität im Dom weiter spürbar bleiben.
Ich glaube, meine Nachfolger:innen können mit dem, was ich am Orgelsektor aufgebaut habe, gut weiterarbeiten. Vieles davon waren Pionierleistungen.
Für den Dom wünsche ich mir, dass sich Menschen immer wieder auf diesen besonderen Raum einlassen und die Architektur, den Geist und die Atmosphäre auf sich wirken lassen.
Dankgottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer, 2. 7., 19:30 Uhr, Abschiedskonzert, 10. 7., 20 Uhr: mit Shirin Farshbaf, Edith „Eche“ Wregg, Brett Leighton, Ben van Oosten
Seit 1982 ist Kreuzhuber Linzer Domorganist und kennt die Rudigierorgel wie kein Zweiter. Er war damals der jüngste Domorganist Österreichs, jetzt geht er als ältester in Pension.
1957 in Hohenzell geboren, studierte er nach dem Besuch des Bruckner Konservatoriums Linz (Prof. August Humer) an der Musikhochschule in Wien Musikpädagogik und Orgel als Konzertfach bei Anton Heiller und Michael Radulescu. Kreuzhubers Liebe gilt nicht nur dem Spielen und Improvisieren, dem Komponieren und Arrangieren, sondern auch dem Forschen und Lehren. Von 2003 bis 2021 war Kreuzhuber an der Universität für Musik und darstellende Kunst (Wien) im Bereich Orgelforschung tätig.
Von 1992 bis 2022 leitete er das Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz. Daneben lehrte er auch an der Anton Bruckner Universität und an der Katholischen Privat-Universität Linz.
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