Christusbilder – 3. Teil der KIZ-Serie mit Prof. Günter Rombold
Ausgabe: 2004/48, Christus, Rombold, Günter Rombold, Serie
24.11.2004
- Günter Rombold
Das Bild zeigt eine Christus-Johannes-Gruppe und ist um 1310 datiert (Heiligenkreuz bei Riedlingen).
Bilder von Jesus haben sich immer wieder gewandelt. Der größte Umbruch in der Geschichte des Christusbildes ereignet sich im 12. Jahr-hundert.
Bis dahin ging es in erster Linie darum, Christus als Gott zu zeigen. Von nun an wird Jesus primär als Mensch dargestellt. Bernhard von Clairvaux hat das so formuliert: „Ich kann Christus nicht schauen und nicht erforschen – ich spreche es nicht ohne Tränen aus – als den König in seiner Herrlichkeit, thronend über Cherubim, wie er auf hohem, erhabenem Thron sitzt, in der Gestalt, in der er dem Vater gleich ist ... als Gott bei Gott. So künde ich ihn wenigstens als Menschen – ich ein Mensch – in jener Gestalt, in der er sich unter die Engel erniedrigte. Ich zeige mehr den Liebeswürdigen als den Erhabenen, wie ihn der Geist des Herrn sandte, den Armen als Frohe Botschaft zu künden.“ Am Westportal von Chartres begegnet uns Christus als der schöne, ideale Gottmensch. Es ist der Christustyp, der uns vertraut ist.
Hundert Jahre später, um 1300, erreicht die Bewegung der Mystik ihren Höhepunkt. Die Menschen ersehnen die Nähe Christi. Das findet in den Andachtsbildern der süddeutschen Frauenklöster seinen Niederschlag, aus denen eine gemütstiefe Frömmigkeit spricht. Wenn die Nonne die Christus-Johannes-Gruppe betrachtet, so identifiziert sie sich mit Johannes, der sich an die Brust Jesu lehnt. In dieser Zeit entwickelt sich eine tiefe Verbundenheit mit dem Leiden Christi, aus dem die Menschen Trost und Kraft schöpfen.
Jesus, der Leidende
Berührend ist der Passionschristus der Neumünsterkirche in Würzburg. Er hat die Arme vom Kreuz gelöst, um die großen Nägel zu zeigen. Es ist zugleich eine Geste, als wolle er den Betrachter umarmen.In der Spätgotik rückt immer mehr die Passion in den Mittelpunkt der Frömmigkeit und der Kunst. Es ist die Zeit furchtbarer Kriege und der schrecklichen Pest, der in den Jahren 1349 bis 1351 ein Drittel der Bevölkerung Europas zum Opfer fiel. Den erschütternden Höhepunkt der Passionskunst stellt die Kreuzigungsdarstellung des Isenheimer Altares dar, wo keine heile Stelle mehr am Leib Christi zu finden ist.
Fortsetzung in Nr. 50, Teil 4: Renaissance und Barock.