Peter Wansch, stellvertretender Vorsitzender der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ), erzählt im KIZ-Gespräch, wie die jungen Moslems mit alten Traditionen brechen und wofür das neue islamische Kulturzentrum in Linz gut sein wird.
KIZ: Ab wann sind Muslime eigentlich „gut integriert“? Peter Wansch: Es bedeutet nicht, dass man die eigene Herkunft total beiseiteschieben soll und in der Bevölkerung aufgehen muss. Von Seiten der Muslime heißt es, zu versuchen die Zukunft mitzugestalten. Wenn ich das erreicht habe, ist Österreich mein Heimatland. Viele muslimische Jugendliche sehen sich als Österreicher. Umso schmerzlicher ist für sie die Erfahrung, nicht aufgenommen zu werden.
Wo werden Muslime diskriminiert? Es gibt vor allem indirekte Diskriminierung, leider Gottes. Zum Beispiel in der Schule durch Lehrer, die Vorurteile aufgreifen. Das ist schlecht für die Entwicklung der Jugendlichen.
Sind die jungen Muslime selbstbewusster als ihre Elterngeneration? Ich denke schon. Etwa junge Mädchen, die hier aufwachsen, wollen entgegen manchen Traditionen natürlich eine gute Ausbildung, beruflich etwas erreichen. Da sage ich klar: „Das wird durch die Religion unterstützt.“ Der Islam ist in seinen Regeln nicht so festgefahren, wie es manchmal scheint.
Oft werden Traditionen als religiöse Dogmen verkauft. Das kennt man eh in der österreichischen Gesellschaft auch, diese Mentalität: „So ist es. So war es. So wird es immer sein.“ Vielleicht ist das aber in den islamischen Kulturen noch etwas prägnanter.
Für junge Leute ist es da wohl leichter mit Traditionen zu brechen? Das ist wesentlicher Teil unserer Arbeit. Zum Beispiel ist es für viele Eltern schon ein Schock, dass die MJÖ-Jugendlager gemischtgeschlechtlich sind. Wenn wir das merken, versuchen wir sie davon zu überzeugen, dass das nicht unislamisch ist. Auch zu Zeiten von Mohammed war es so, dass Männer und Frauen gemeinsam gelebt haben. Außerdem muss man sich an die Realität anpassen, wir leben in einer „gemischten“ Gesellschaft.
Der Islam wird in den Medien oft als Macho-Religion dargestellt. Hat er ein Problem mit Frauen? Natürlich gibt es Probleme. Geht man aber zu den Quellen der Religion zurück, sieht man dass das keinen Halt hat. Der Islam war ursprünglich auch eine Frauenbewegung, die den Frauen mehr Mitentscheidungsrechte brachte. Leider gab es aber durch unislamische kulturelle und traditionelle Einflüsse in manchen Ländern eine negative Entwicklung in diesem Bereich.
Die FPÖ wettert gegen den Bau des islamischen Kulturzentrums in Linz. Wie kann die Muslimische Jugend damit umgehen? Wir wollen informieren, dafür werben, helfen, Ängste abzubauen. Es wird keine Großmoschee gebaut, wie oft dargestellt, sondern ein Kulturzentrum, das ein Ort des Einladens werden soll, damit hier Dialog stattfinden kann.
Zur PersonPeter Wansch (25) konvertierte mit 14 zum Islam. Der Linzer ist seit Dezember 2007 stellvertretender Vorsitzender der MJÖ. Er studiert Wirtschaftsrecht in Linz und unterrichtet an Pflichtschulen als islamischer Religionslehrer. Die MJÖ hat 7000 Mitglieder in Österreich, 500 davon in OÖ.