Die Gründerin der Fokolar-Bewegung, Chiara Lubich, ist 88-jährig verstorben. Linzer Fokolar-Mitglieder erzählen von Begegnungen mit dieser bedeutenden geistlichen Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts.
„Sie gab mir Wegweisung für das ganze Leben“, sagt Karl Pree. Der heute 74-Jährige war Direktor Stellvertreter im Unfallkrankenhaus und VP-Klubobmann im Linzer Gemeinderat. 1974 traf er das erste Mal mit Chiara Lubich in Rom zusammen: „Diese Begegnung hat mich für das ganze Leben geprägt. Ihre Ausstrahlung war faszinierend.“ Die Einheit unter allen Menschen unabhängig von Religion oder Hautfarbe zu fördern und die Geschwisterlichkeit in Politik, Wirtschaft und persönlichem Bereich zu leben, ist das zentrale Anliegen der Fokolarbewegung. „Mir hilft die Fokolarbewegung, mit beiden Füßen im Leben zu stehen und im Glauben verwurzelt zu sein“, so Pree: „Chiara hat uns immer wieder zum Dialog ermuntert. Es gibt für Christen keinen anderen Weg als den Dialog. Jeder Mensch ist Kind Gottes.“ Das ist ihm auch Leitwort bei seinem Einsatz für das geschwisterliche Zusammenleben von Christen und Muslimen, für das er sich seit Jahren gemeinsam mit seinem muslimischen Freund Zekeriya Eser einsetzt. Dialog und Unerschrockenheit sind aber keine Gegensätze, betont Pree: „Chiara war eine mutige Frau und sie hat uns immer wieder aufgefordert, im Dialog Grenzen zu überschreiten.“
Klarheit. Die Linzer Psychotherapeutin Astrid Hartmann ist Chiara Lubich im Anschluss an einen Fokolare-Kongress in Rom zufällig in einer Kirche begegnet. Sie konnte dort einige Minuten mit ihr reden: „Ich war von ihrer Herzlichkeit fasziniert, vor allem aber von ihrer Einfachheit und Klarheit. Wir leben oft viel zu kompliziert und hochgestochen.“
Offenes Zugehen. Elisabeth Stifter lernte mit 16 Jahren die Gründerin kennen und hat sich als „Fokolarin“ ganz der Bewegung angeschlossen. Sie ist mit Chiara Lubich oftmals bei sehr unterschiedlichen Gelegenheiten zusammengekommen, in kleinen Gruppen ebenso wie bei Großveranstaltungen: „Ihr offenes Zugehen auf jeden Einzelnen, in Einfachheit und Liebe, egal ob Kind oder Politiker, egal welcher Kultur, berührten mich jedesmal tief. Ihr Kennzeichen war und ist es, eine Atmosphäre der Familie zu schaffen.“ So hat Chiara Lubich auch einmal einer Journalistin geantwortet, die sie nach ihrem Vermächtnis für die Fokolarbewegung gefragt hatte: „Seid wie eine Familie! Liebt einander, wie Jesus uns geliebt hat. Seid bereit, einer für den anderen zu sterben. Seid eine Familie. Darin ist alles enthalten.“ Laut Statut wird Chiara Lubich eine Frau als Leiterin nachfolgen, um den Laiencharakter der Fokolarbewegung zu unterstreichen. Der Bewegung gehören weltweit 141.000 Mitglieder und zwei Millionen Freunde an.