Dohuk im Nordirak, am 22. April. Eine Delegation der Initiative Christlicher Orient mit dem Linzer Prof. Dr. Hans Hollerweger spricht mit zwei Priestern aus Bagdad: Albert Abauna ist emeritierter Professor für Geschichte am Babel College, Jamil Nissan ist Pfarrer an der Himmelfahrtskirche in Bagdad. Sie besuchten für kurze Zeit ihre Heimat, den Nordirak.
Sie kommen von Bagdad. Wie war Ihre Fahrt mit dem Auto von Bagdad nach Dohuk? Abauna: Die Fahrt war lang und gefährlich. Wir konnten nicht auf direktem Weg nach Dohuk fahren, sondern über einen Umweg. Statt vier Stunden benötigten wir zehn Stunden. Einer der Gründe sind die Fahrzeuge der Amerikaner, die man nicht überholen darf. Manche Straßen sind gesperrt.
Wie ist die politische Lage? Abauna: Schlecht. Es gibt keine Versöhnung. Die Arbeit der Regierung ist schlecht; auch der Einfluss der Amerikaner und der Nachbarstaaten Iran, Syrien, Saudi-Arabien. Alle mischen mit.
Wie viele Christen sind noch in Bagdad, wie viele haben es verlassen? Nissan: Mehr als 300.000 sind noch hier. In meiner Pfarre waren es 20.000, jetzt sind es 10.000.
Können die Christen am Sonntag die Messe besuchen? Nissan: In einigen Vierteln können sie nicht kommen. Ich habe an den hohen Festen mehr als 2000, an Sonntagen nur 150. Sie fürchten sich vor Bomben und Entführungen.
Wir hörten, dass dennoch vor einigen Monaten 700 junge Christen an einem Treffen teilnahmen. Nissan: Ich war dabei. Es waren 500. Es fand in einem Stadtteil statt, wo es ruhiger ist. Wir können keine pastorale Arbeit machen. Wir fürchten uns, aus dem Haus zu gehen.
Steigt die Zahl der Auswanderer oder bleibt sie gleich? Nissan: Jeden Tag sind es ein, zwei, drei Familien oder Einzelne.
Herr Professor, was möchten Sie den Leser/innen unserer Zeitung sagen? Abauna: Wir sind in Schwierigkeiten, nur Gott kann uns retten. Wir bitten Ihre Leser, für uns zu beten. Noch hoffen wir, dass die Finsternis schwindet und das Leben im Irak heller wird. Wir bitten Sie, auf uns zu hören und in unserem Namen über unsere Lage in Ihrem Land zu sprechen. Viele unserer Familien sind in Syrien, in Jordanien und im Libanon und können nicht hierher zurückkommen. Sie wissen, dass viele dort in einer schwierigen Lage sind. Vielleicht kann Europa ihnen helfen.
Pfarrer Jamil, was ist Ihr Anliegen an unsere Leser/innenn sagen? Nissan: Wir sind ein reiches Land. Aber jetzt sind wir ein armes Land: keine Sicherheit, keine Arbeit, keine Hoffnung, nichts! Sie sollen uns jetzt helfen, uns unterstützen in spiritueller und wirtschaftlicher Hinsicht. Wir bitten euch, die Dörfer zu unterstützen und kleine Projekte zu entwickeln. Es ist eine Zeit des Übergangs. Die Menschen möchten überleben, die Würde des Lebens wiedergewinnen. Das ist wichtig. Sie wissen, bei uns hat das Leben keinen Wert: Ich kann entführt werden wegen nichts, ermordet werden wegen nichts.
- Wenn Sie Christen im Irak unterstützen wollen: Initiative Christlicher Orient, Betlehemstraße 23, 4020 Linz, Tel. 0732/77 35 78.Das Interview erscheint mit weiteren Berichten über die Reise in der Zeitschrift der Initiative Christlicher Orient.
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Im Nord-Irak
Die Delegation mit Hans Hollerweger besuchte vor allem den im Vergleich zu den sonstigen Regionen sicheren Nordirak. Vor 35 Jahren wurden hier zahlreiche Dörfer unter Saddam Hussein zerstört. In der Diözese Zakho-Dohuk wurden 20 von 22 Dörfern ausgelöscht, sodass dort nur mehr 4500 Christen lebten. Die kurdische Regierung ließ die Dörfer wieder aufbauen, auch die Zahl der Christen stieg wieder auf 20.000. Die Leute leben in Flüchtlingsdörfern. Die Initiative Christlicher Orient will diesen Christen helfen.Links: Albert Abauna und Jamil Nissan erzählen über das Leben im Irak.