Es ist kein Geheimnis, dass ich mich für Kunst und Kultur interessiere und meine Passion zum Beruf gemacht habe. Noch heute singe ich gerne – bevorzugt im Gottesdienst und im Badezimmer. Ich bin zwar keine Berufsmusikerin, aber immerhin eine intensiv Zuhörende geworden. Wenn irgendwo musiziert wird oder sich Menschen anderweitig kreativ betätigen, ist als erste Regung meines Herzens einfach Freude zu spüren. Als am Sonntag ein Gastkirchenchor den Gottesdienst mit ungewohnter, aber gut klingender Musik der Gegenwart gestaltete, war ich überrascht und erfreut. So ein Klang, der sich da in den Kirchenraum emporschwang. Engelsgleich. Schön! Staunen. Schweigen. Zuhören. Und dann beim Volksgesang wieder kräftig mitsingen!Meine Sitznachbarin eine Reihe hinter mir brachte mich allerdings aus dem Rhythmus. Angetan von den wunderbaren Klängen stieß sie alle zwei, drei Sekunden folgenden Satz hervor: „So schön singens. Na, so schön!“ Mitten in die heikle Achtel-Noten-Passage kam von hinten, zu ihrer linken Nachbarin gewendet etwas lauter: „Na, so schön. Wer ist denn das?“ Aufgeregtes Rascheln, Blättern im Gotteslob. Ständiges Mitkommentieren. „Na, so schön!“ Vom Staunen kam ich langsam ins Wundern. Ich drehte mich um: Wenn Blicke sprechen könnten ...!