P. Anselm Grün ist Benediktiner der Abtei Münsterschwarzach. Bekannt ist er als Vortragender sowie als Autor zahlreicher vor allem spiritueller Bücher.
Das Übel des Neides besteht im Sich-Vergleichen. So macht er unzufrieden. Eifersucht verweist auf Liebe. Sie muss aber frei werden von der Tendenz zu beherrschen.
Die zweite Gefährdung des Menschen wird als Neid oder Eifersucht beschrieben. Beides ist nicht genau das Gleiche. Neid besteht darin, dass ich mich ständig mit andern vergleiche, und neidisch bin auf das, was andere haben und ich nicht. Ich bin neidisch, dass der andere intelligenter ist als ich, dass er besser aussieht, dass er mehr Geld hat, einen leichteren und angeseheneren Arbeitsplatz hat. Das Übel des Neids besteht im Sich-Vergleichen. Es gibt Menschen, die sich ständig vergleichen. Wenn sie in eine Gruppe kommen, beginnen sie sofort mit dem Bewerten. Entweder entwerten sie die anderen und stellen sich über sie. Oder aber sie entwerten sich selbst und werden dann neidisch auf die andern. Je mehr ich mich mit anderen vergleiche, desto mehr werde ich bei ihnen finden, was ich nicht habe. So fühle ich mich immer als zu kurz gekommen. Der Volksmund sagt, dass wir gelb vor Neid werden. Der Neid gibt dem Gesicht also eine ganz unangenehme Färbung.
Der Neid macht unzufrieden. Doch wir können dem Neid nicht verbieten, in unserem Herzen aufzusteigen. Wir haben es nur in der Hand, wie wir darauf reagieren. Der Neid lädt mich ein, den Blick vom anderen auf mich selbst zu lenken und dankbar zu sein für das, was Gott mir gegeben hat.
Neid verweist auf Wünsche in mir. Der Neid zeigt mir, dass ich in mir viele Wünsche und Bedürfnisse habe. Ich möchte genauso intelligent sein wie der andere, genauso reich, genauso schön. Indem ich diese Bedürfnisse wahrnehme, kann ich mich davon verabschieden und dankbar auf das schauen, was Gott mir geschenkt hat. Ich danke für mein Leben, für meine Einmaligkeit. Der Neid kann nur durch die Dankbarkeit überwunden werden. Die Dankbarkeit gibt mir ein gutes Gefühl. Der Neid zerfrisst mich innerlich. Er tut meiner Seele und auch meinem Leib nicht gut. Aber anstatt mich über meinen Neid zu ärgern, sollte ich mit ihm sprechen und mich von ihm immer wieder zum Reichtum meiner eigenen Seele führen lassen. Dann hat der Neid eine wichtige Funktion. Er bringt mich in Berührung mit mir selbst und mit all den Gaben, die Gott mir geschenkt hat.
Eifersucht verweist auf Liebe. Von Eifersucht sprechen wir vor allem in Bezug auf die Menschen, die wir lieben. Der Mann ist eifersüchtig auf seine Frau, wenn andere Männer sie umschwärmen. Die Frau wird eifersüchtig, wenn die Sekretärin ihren Mann anhimmelt. Die Eifersucht zeigt, dass ich den andern liebe. Aber zugleich möchte ich den andern für mich besitzen. In mir ist die Sehnsucht, den andern ganz allein für mich zu haben und für einen andern der wichtigste Mensch auf der Welt zu sein. Diese Sehnsucht ist verständlich. Sie darf sein. Sie zeigt, wie stark die Liebe zum andern ist. Aber zugleich steckt in der Eifersucht die Tendenz, den andern zu beherrschen. Ich nehme ihm die Freiheit, sich den Menschen seiner Umgebung ungezwungen zuzuwenden.
Das Leiden an der Eifersucht. Oft leiden Menschen an ihrer Eifersucht. Eine Frau wollte nicht eifersüchtig auf ihren Mann sein. Sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie so misstrauisch und eifersüchtig ist. Sie stellt sich ständig vor, dass die Arbeitskolleginnen ihren Mann bewundern und dass er auf ihr Flirten reinfällt. Alle Versuche des Mannes, ihr zu zeigen, dass er ihr treu ist und sie allein liebt, nutzten nicht. Nun hatte sie selbst die Angst, dass ihr Mann sie verlassen könnte, weil er es leid war, ihr ständig zu beweisen, dass er sich keiner andern Frau zuwendet und nur sie liebt. Sie spürte den Teufelskreis, der in der Eifersucht steckt.
Doch mit Vorwürfen des Mannes an die Frau oder mit Selbstvorwürfen kann man die Eifersucht nicht überwinden. Oft verweist sie uns auf frühere Erfahrungen von Verlassenwerden oder von Ausgenutztwerden. Ich kann das Gefühl nicht wegschieben. Ich verstehe mich und meine Eifersucht. Ich mache mir keine Vorwürfe, sondern lasse mich von der Eifersucht immer wieder an die eigene Wunde erinnern. Diese Wunde halte ich dann Gott hin, im Vertrauen, dass Gott diese Wunde heilt. Ich spreche mit Gott über meine Eifersucht: „Ja, ich möchte den andern ganz für mich haben. Ich habe Angst, er könnte mich verlassen, einen anderen oder eine andere mir vorziehen. Aber ich vertraue, dass Gott unsere Liebe segnet und schützt.“
Übung
Schreibe dir untereinander auf, auf wen du neidisch und in welchen Situationen du eifersüchtig bist.
Werte diese Erfahrungen nicht, sondern schreibe einfach spontan auf, was dir kommt.
Dann versuche bei jeder Neid-Erfahrung hinzuschreiben, welche Sehnsucht darin steckt, und auf welche positiven Seiten dich der Neid aufmerksam machen möchte.
Danke für das, was Gott dir geschenkt hat.
Dann schreibe bei den Eifersuchtsgefühlen, was sie dir sagen möchten, auf welche Wunden sie dich verweisen, aber auch welche Sehnsucht darin steckt.
Dann halte deine Wunden und deine Sehnsucht Gott hin, damit er die Wunden heile und die Sehnsucht nach einer Liebe, auf die du dich verlassen kannst, erfülle.
Bitte Gott, dass er deine Liebe segne und seine Hand schützend über die Liebe deines Freundes oder deiner Partnerin halte.
Gebet
Gütiger Gott, du kennst meine Neidgefühle und meine Eifersucht. Du kennst auch meine Ohnmacht, diese Gefühle zu überwinden. Sende mit deinen Geist und durchdringe mit deinem Geist meinen Neid, dass er sich in Dankbarkeit wandelt. Und durchdringe mit deinem Geist meine Eifersucht, dass die Liebe, die darin steckt, stärker wird als Zweifel und Misstrauen. Schütze du unsere Liebe, damit sie uns immer tiefer miteinander verbindet. Und stärke du mein Vertrauen, dass deine segnende Hand unsere Liebe begleitet und bewahrt. Amen.