An Pessach feiern Juden die Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten und erzählen die Geschichte von Mose, als würde sie heute stattfinden. Am Beginn dieser Feier stellt das jüngste Kind am Tisch die Fragen, beginnend mit: „Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten?“ und dann wird in jüdischen Familien erzählt, was damals geschehen ist, mit Ritualen und Geschichten. Auch im christlichen Glauben wird entlang dem Kirchenjahr der ganze Glaube gefeiert. Zu Weihnachten feiern wir, dass Gott sich im Menschen zeigt, dass Gott im Menschen sichtbar ist. Wenn Gott im Menschen Jesu durch die tiefste Verlassenheit und die Folter hindurch geht, dann „feiern“ Christen Ostern, nämlich dass Gott „beim Menschen“ bleibt, bis in die schlimmsten Abgründe, die Verzweiflung, den Tod – und darüber hinaus.
Leben und Glauben. Mit den Festen und Feiern im Verlauf des Jahres geben Eltern ihren Kindern Wichtiges mit, in der Familie und in der Gemeinde. Für Kinder bekommt so das Jahr einen Rhythmus. Sie lernen, dass alles im Jahr und im Leben seinen Platz hat – und dass dies alles von Gott begleitet ist: frohe und laute und nachdenkliche Feste, wenn wir an Weihnachten die Geburt feiern und an Allerheiligen den Tod. Kinder erleben, dass Ausgelassenheit und die Begrenzung, dass Fasching und Aschermittwoch nahe beieinander liegen – im Glauben wie im Leben. Feste gehören zu jeder Religion und zu jeder Kultur. Menschen kommen zusammen, um in Ritualen zu begehen, was ihnen wichtig ist. Rita – ein altindisches Wort – meint Grundordnung. Riten geben Sicherheit und Geborgenheit, sie geben einen Rahmen, innerhalb dem ich mich frei bewegen kann, mit meinen Gedanken und Empfindungen. Wenn wir den Ritus wiederholt feiern, können jedes Mal die damit verbundenen Erinnerungen wach werden. An Weihnachten spüren wir das besonders.
Ein Rahmen. Wie die Feste, so gibt auch das Gebet dem Tag einen Rahmen. Am Mittag kurz durchzuatmen, einander für einen Moment die Hände reichen und danke sagen für die Mahlzeit und für die Person, die sie zubereitet hat. Oder am Abend, ein paar Minuten, den Tag Revue passieren lassen, aussprechen, was noch belastet, damit auch ein Kind gut einschlafen kann. In allen religiösen Traditionen ist die Reflexion des Tages verankert: „Jeder Tag hat ein anderes Gesicht. Es gibt lachende und traurige Tage, manchmal langweilige und hoffentlich viele Sonnentage.“ So schreibt Hubertus Halbfas (1984) in seinem Religionsbuch für 7-jährige Kinder. „Stolper nicht gedankenlos in den Morgen“, ermuntert er die Kinder, dem Tag einen Anfang und einen Abschluss zu geben: „Am Abend schauen wir zurück. Nimm dir ein paar Minuten Zeit. Geh in Gedanken noch einmal durch den Tag.“
Was wichtig ist. Es sind oft nicht die großen Worte. Religiöse Erziehung geschieht, wenn wir Kindern die Geschichten von Gott und den Menschen erzählen, wenn wir mit Kindern feiern und beten, wenn wir sie hineinwachsen lassen in die Rituale, die uns selbst wichtig sind. Kinder spüren, was ihren Eltern wichtig ist – geben wir ihnen also das vom Glauben mit, das auch für uns Erwachsene Bedeutung hat.