Es gibt sie – Frauen und Männer, die aufhorchen lassen, weil sie das Evangelium überzeugend zu leben versuchen. Es sind die Abenteurer des Glaubens, aufmerksam für die Nöte ihrer Zeit. Jesuitenpater Georg Sporschill ist einer von ihnen.
Pater Sporschill, Sie begleiten unsere Leser/innen durch die Fastenzeit. Was erwartet uns? P. Georg Sporschill: Ich möchte ein paar meiner Freunde und Freundinnen vorstellen; Menschen, die mich in das Abenteuer Gottesglaube geführt haben und an meiner Seite kämpfen. Kleine und große Menschen, von denen ich das Tiefste gelernt habe: Du kannst in deiner Nähe einen spirituellen Meister suchen, der dir innere Geborgenheit gibt – so viel, dass du dich weit hinauswagen kannst. Ich erzähle von Freunden und Straßenkindern, die mir die Angst genommen haben. Die Not zu berühren hilft, nicht hysterisch und wehleidig zu sein, sondern selbstbewusst und mutig. Was stärkt Sie selbst im Glauben? Mich stärken die Aufgaben und die Menschen, mit denen und für die ich sie mache. Auf diese Weise schenkt mir Gott eine dynamische Familie, die Vitalität und Geborgenheit produziert. Wenn ich ein Kind von der Straße aufnehme, nehme ich Jesus auf. Jesus, der eher frech als kitschig ist. Er bringt mich zum Kämpfen. Ich musste eine Horde von Jugendlichen zurück auf der Straße lassen und zurückweisen, weil in unserem Haus kein Platz mehr war. Die Überforderung bedrückte mich. Da lief mir ein fremdes Kind nach, nahm meine Hand mit seinem kleinen Händchen und schaute mich groß an: „Mich aber nimmst du mit!“, sagte es bestimmt. Heute lebt Denisa in Italien, sie hat einen kleinen Sohn. Manchmal ruft sie mich an. Wir sind eine Familie, die Gott gestiftet hat, nicht Menschen. Im Glauben stärkt mich auch die eigene Schwäche. Wenn ich verlassen werde oder Fehler mache, führt mich die Not zu Gott. Ich suche seine Barmherzigkeit. Er lässt uns an den Grenzen stärker werden im Glauben.
Kennen Sie Zweifel an Gott und am Lebens-Sinn? Diese Qualen sind mir bisher erspart geblieben. Wahrscheinlich, weil Gott uns nicht mehr zumutet, als wir tragen können. Wenn ich über Arbeitsdruck und Überforderung in Beziehungen klage, sage ich mir: besser zu viel Arbeit als keine Aufgabe, besser zu viele Menschen als Einsamkeit. Wenn ich müde bin, vertraue ich mich ihm an. Ob Obdachlose, Straßenkinder, alte Menschen ohne Geld zum Heizen – was zieht Sie gerade zu denen, die es so schwer haben? Ich habe viel mit Drogensüchtigen zu tun und ich kenne auch die persönliche Gefährdung. Wir berühren einander. Manchmal wissen wir nicht, wer wem mehr hilft. Sozialarbeit macht süchtig. Menschen, die es am schwersten haben, haben die stärkste Stimme, um uns zu fesseln. Mit ihrem Schrei durchbrechen sie meine Selbstsucht, sie vertreiben die Müdigkeit und lassen mich spüren, wie viel ich vermag und wie stark ich bin – trotz meiner Schwächen. Meine Pfarrei ist die Straße, das war in Wien und in Bukarest so. Vielleicht brauche ich das harte Erleben, aber auch den Humor und die schonungslose Offenheit, mit der sich mir die Menschen auf der Straße zeigen. Sie sind nackt und suchen das Kleid der Würde. Dorthin gehen, wo die Not am größten ist, ist die jesuitische Aufgabe. Sie macht mein Leben spannend. In Abwandlung dieses Wortes rate ich allen Menschen, vor allem in der Berufswahl, zu fragen: wo werde ich gebraucht? Und nicht: Wozu habe ich Lust?
Jesuitenpater Georg Sporschill begleitet die Leser/innen der KirchenZeitung durch die Fastenzeit in der Reihe „Abenteuer Gottesglaube“.