- Ein Bibelvers steht als titelgebendes Motto über Marlen Schachingers neuem Roman. Im 14. Kapitel der Offenbarung des Johannes wird von den Verstorbenen geschrieben, dass sie nunmehr von ihrer Arbeit ausruhen können – alles, was sie im Leben geleistet haben, wirke nach und werde ihnen angerechnet, „denn ihre Werke folgen ihnen nach“. Die Bibelstelle meint aber auch, dass jeder Mensch an dem gemessen werden wird, was er getan hat.
Mario Kamov, der Ich-Erzähler, ist ein angesehener Bestsellerautor und Dozent für literarisches Schreiben an der Universität. Doch sein Erfolg beruht auf einem Diebstahl. Als junger Mann entwendete er bei einem Einbruch in einen Verlag Manuskripte, schrieb sie um und wurde so zu einem vielgelesenen Unterhaltungsschriftsteller. Die bestohlene Autorin hat nie davon erfahren und sich längst vom Schreiben abgewandt. Doch als Kamov an der Universität zu unterrichten beginnt, droht die alte Sache ans Licht zu kommen. Das muss er selbstverständlich verhindern – mit allen Mitteln. In Kamovs Seminar sitzt nämlich Luca Hofer, der begabte und ehrgeizige Sohn der vor Jahrzehnten Bestohlenen. Zwischen Lehrer und Schüler entwickelt sich eine gefährliche Gegnerschaft. Die in Oberösterreich aufgewachsene Autorin unterrichtet seit 1999 Literarisches Schreiben und leitet seit ein paar Jahren eine eigene Schreibschule, das Institut für Narrative Kunst in Wien. Deshalb ist allein ihr kritischer und ironischer Blick auf den Literaturbetrieb schon eine Lesegenuss. Doch in der originell aufgebauten, aus zwei Erzählperspektiven geschilderten und sprachlich hervorragenden Geschichte geht es um mehr. Es geht um Wahrheit und Fiktion und um die Sehnsucht, geliebt zu werden. Beide Protagonisten glauben, dass die Kunst Mittel zur Erfüllung dieser Sehnsucht wäre.
Marlen Schachinger, denn ihre Werke folgen ihnen nach, Otto Müller Verlag, Salzburg 2013, ISBN 978-3-7013-1204-7, 272 Seiten.
- Fred Firneis, in Berlin lebender erfolgreicher österreichischer Lyriker – gibt es das? – leidet nach einem exzessiven Leben an Erschöpfung, Burn out, und wird von seiner Verlegerin in eine einsame Holzhütte in einem österreichischen Wald geschickt. Da gibt es nicht einmal Strom, geschweige denn die sonstigen Errungenschaften der modernen Zivilisation, von denen nicht nur Fred Firneis heute abhängig zu sein scheint. Der Autor René Freund lebt in Grünau im Almtal und kennt die Gegend, die er beschreibt. Nach anfänglichem Sträuben gegen die Beschwernisse des Landlebens erholt Firneis sich überraschend schnell, entdeckt seine Liebe zum Putzen, womit gleichzeitig eine innere Reinigung einher geht. Dann taucht Mara auf, eine junge Biologin aus der Slowakei, die eine wissenschaftliche Arbeit über die Elritze, eine spezielle Fischart, schreibt. Fred Firneis fängt an, sich für Fische zu interessieren und beginnt wieder zu dichten. Doch Mara verschwindet so unverhofft, wie sie aufgetaucht ist. Das verändert wieder alles. Eine flott geschriebene, ein bisschen komische, aber sehr unterhaltsame (Liebes-)Geschichte mit ernsthaften Einschüben. Gut geeignet für ein verregnetes Wochenende auf dem Sofa oder einen Urlaubstag in einer einsamen Waldgegend.
René Freund, Liebe unter Fischen, Deuticke, Wien 2013, ISBN 978-3-552-06209-2, 205 Seiten.
Lesung: René Freund liest am Fr., 7. 6., um 19.30 Uhr im ehem. Kloster Traunkirchen und am Fr., 14. 6., um 19.30 Uhr in der Bibliothek der Pfarre Bad Ischl aus seinem Buch.