Was Josef Mairinger in Stalingrad und in der russischen Gefangenschaft durchgemacht hat, ist unvorstellbar. Dass er sich für Kirchenbauten in der ehemaligen Sowjetunion einsetzt, ist seine Art, mit dem Erlebten umzugehen und „dem Herrgott Danke zu sagen“.
Am 1. Oktober 1941 hat der 18-jährige Bauernsohn Josef Mairinger seine Heimat Frankenburg verlassen. Mehr als sechs Jahre sollte er sie nicht mehr wiedersehen. Was er dazwischen erlebt hat, füllt ein Buch. Auf 100 Seiten erzählt er: von den Kämpfen um Stalingrad, vom Kampieren auf freiem Feld bei minus 40 Grad und von der Zwangsarbeit in den Wäldern Sibiriens.
Das erste Lager Beketowka war das Schlimmste. Dreieinhalb Monate vegetierte er dort von der Gefangennahme Ende Jänner bis Mitte Mai 1943 mit rund 47.000 Gefangenen auf freiem Feld. Bis auf 2000 sind alle erfroren oder verhungert. „Wie ich überlebt habe? Da muss man den Herrgott fragen.“
An den guten Worten, die ihm seine Schulkollegin Marianne und sein Großvater beim Einrücken mit auf den Weg gegeben haben, hat er sich immer wieder aufgerichtet. Sie verhalfen ihm zu eisernem Überlebenswillen. An den Herrgott geglaubt hat er immer, erzählt der ehemalige Landwirt. Im Lager Beketowka musste er, da er zu den Kräftigeren gehörte, die Toten aus dem Lager bringen und Massengräber ausschaufeln. Tag für Tag Dutzende und Hunderte von Toten. „Da hab ich mich schon gefragt, ob es einen Herrgott gibt.“ Gebetet hat er kaum, sagt Mairinger, im Krieg nicht und in der Gefangenschaft nicht. Er kann es nicht recht beschreiben: „Es war nie wirklich Zeit.“ Der Glaube ist ihm trotz allem geblieben und sein Überlebenswille. Dafür ist er dankbar.
Kirchenbau als Dank
Niemand kann es ihm verdenken: Im Oktober 1947 ist er voll Hass nach Hause gekommen. Erst als er Mitte der 1970er Jahre Russland besucht und sich mit einem Reiseführer angefreundet hat, konnte er seinen Hass ablegen. Dann begann er beim Wiederaufbau der katholischen Kirche in Stalingrad mitzuhelfen und anschließend für den Bau der Kathedrale in Karaganda (Kasachstan) zu sammeln. Dass er im Juni 2012 im 90. Lebensjahr zur Einweihung der Kirche fliegen konnte, erzählt er mit Freude und Stolz. „Beim Bau der Kirchen, da musste ich einfach mittun, das bin ich dem Herrgott schuldig.“ Und seinen gefallenen Kameraden und allen Opfern der Arbeitslager. Mit den Gebäuden verbindet er immer auch das Gedenken und das Gebet für die Opfer von Krieg und Terror.
- Am So., 14. April 2013, um 14 Uhr ist im Gasthaus Preuner (Frankenburg) ein Film-Vortrag über die Einweihung der Kathedrale „Mutter aller Nationen“ in Kasachstan und über das stalinistische Lagernetz Dolinka. Josef Mairinger wird erzählen, als Gastreferenten kommen P. Leopold Kropfreiter (Kasachstan) und Sr. Barbara Haid. Anmeldung erbeten unter Tel. 0664/512 45 22.