Pfarrer nach Brandanschlag: Zeigen, dass Altenfelden anders ist
Die Brandstiftung am neu erbauten Flüchtlingsheim in Altenfelden schockiert ganz Österreich. Pfarrer Clemens Höglinger erhofft sich als Konsequenz, dass auch verbal abgerüstet wird. Für die radikalen Worte müsse man jetzt Lehrgeld bezahlen.
Altenfelden im Oberen Mühlviertel. 2100 Menschen leben hier. In wenigen Wochen hätten 48 Asylwerber hinzukommen sollen. Doch das wird sich nun verzögern. In der Nacht auf 1. Juni haben bisher unbekannte Täter die gerade fertiggestellte, aber noch nicht bewohnte Flüchtlingsunterkunft des Roten Kreuzes in der Mühlviertler Gemeinde angezündet. Das Holzriegel-Fertigteilhaus wurde dabei völlig zerstört. Der Sachschaden beläuft sich auf 300.000 Euro.
Unterkunft auf Kirchengrund
Die Pfarre Altenfelden ist besonders von dem Anschlag betroffen. Erst nach längerer Suche nach einem geeigneten Baugrund für das Flüchtlingsheim sprang die Kirche ein. Damit wurde auch verhindert, dass der Bund von seinem Durchgriffsrecht Gebrauch macht und gegen den Willen der Gemeinde eine Unterkunft für Asylwerber schafft. Ein früheres Projekt für eine Asylunterkunft an einem anderen Standort in Altenfelden ist an einer Unterschriftenaktion gescheitert. Die FPÖ Altenfelden hatte zudem mit einem Flugblatt gegen das Projekt Stellung bezogen. „Befürchtungen habe ich schon gehabt, aber ich hätte nie damit gerechnet, dass so etwas bei uns möglich ist“, sagt Gernot Hess, Leiter des Katholischen Bildungswerkes Altenfelden. Die Wogen waren nach einer Informationsveranstaltung bereits etwas geglättet, die Gegner leiser geworden.
„Dieser Abend ist konstruktiv mit einem sachlichen Dialog verlaufen“, erklärt Sepp Bröderbauer. Der Bezirksfeuerwehrkommandant ist persönlich tief betroffen. „Die Pfarre stand immer voll hinter dem Projekt“, erklärt Bröderbauer, der in Altenfelden lebt. Über 60 Altenfeldner hätten bereits ihre Bereitschaft kundgetan, den Flüchtlingen ehrenamtlich zu helfen. Sepp Bröderbauer, in der Pfarre langjährig engagiert, ist überzeugt: „Wir haben ein funktionierendes Vereinsleben im Ort. Es ist leicht möglich, 48 Neuankömmlinge gut mitzunehmen und zu integrieren.“
Realität positiv beeinflussen
Das Katholische Bildungswerk Altenfelden hat gerade erst vor zwei Monaten Prof. Paul Zulehner in die Pfarre zu einem Asyl-Vortrag eingeladen. Zulehners Appell dabei war, mit der Flüchtlingsthematik menschlich und ohne Abwehr umzugehen. Wenn Gernot Hess an den Abend zurückdenkt, hat er gemischte Gefühle: „Ich bin schon etwas enttäuscht, weil unsere Bemühungen zu wenig gefruchtet haben.“ Andererseits will Hess positiv denken: „Wir wollen unseren Bildungsauftrag wahrnehmen und unseren Weg weitergehen.“ Ab Herbst soll es mehrere Abende zum Umgang mit Fremden in der Pfarre geben. Geplant waren diese bereits vor dem Brandanschlag. „Wir müssen uns der Realität, dass Flüchtlinge zu uns nach Österreich kommen, stellen und versuchen, diese Tatsache positiv zu beeinflussen“, sagt Gernot Hess. Er will die Gegner des Asylheims nicht mit den Brandstiftern in einen Topf werfen. Gerade deswegen erhofft er sich, dass diese deutlich machen, dass sie radikale Schritte nicht akzeptieren.
Zeichen gegen Fremdenhass
Mehrere hundert Menschen haben bereits am Sonntag am Ort des Brandanschlags auf Initiative der Sozialistischen Jugend des Ortes ein überparteiliches Signal gegen Fremdenhass gezeigt. „Wir werden der Gewalt nicht weichen“, sagte ÖVP-Bürgermeister Klaus Gattringer (siehe auch Kopf der Woche). Das Gebäude werde in den kommenden Wochen neu errichtet und soll bis August wieder bezugsfertig sein. Es sei Zeit, aufzustehen und aufeinander zuzugehen, appellierte Nicki Leitenmüller, die Regionskoordinatorin der Katholischen Jugend im Oberen Mühlviertel bei der Kundgebung.
Der Linzer Caritasdirektor Franz Kehrer sprach von einem „erschütternden Warnsignal für uns alle, wie schwer auch bei uns in Österreich das gesellschaftliche Klima inzwischen ‚vergiftet‘ ist“. Verbale Abrüstung wünscht sich auch der Pfarrer von Altenfelden, Clemens Höglinger: „Wir müssen jetzt Lehrgeld zahlen, dass mit Worten Stimmung gegen die Flüchtlinge erzeugt worden ist.“ Dagegen müsse man massiv eintreten. Denn eines ist für den Ordensmann klar: „Wir zeigen, dass Altenfelden anders ist“.
Friedensgebet am 9. Juni
Beweisen will man das mit einem nächsten deutlichen Signal in der Pfarre: mit einem multireligiösen Friedensgebet. Dieses Friedensgebet wird am Donnerstag, 9. Juni 2016 um 19 Uhr im Pfarrsaal Altenfelden stattfinden.