Kroatische katholische Seelsorge in Oberösterreich
Die Anfänge der kroatischen katholischen Seelsorge reichen bis in die ersten Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zurück.
Ausgabe: 2016/22, Kroatenseelsorge
01.06.2016
Schon im Februar 1946 fand ein Gottesdienst in kroatischer Sprache im Flüchtlingslager Asten statt, wo sich kroatische Flüchtlinge niedergelassen hatten. Viele von ihnen flüchteten wegen der Einführung einer kommunistischen Diktatur in ihrer Heimat. Unter ihnen waren auch kroatische Priester, die selbst auch vom gleichen Regime verfolgt wurden. In den oberösterreichischen Flüchtlingslagern wirkten auch Priester anderer Volksgrupen, wie z.B. Polen, Ungarn, Slowaken, Tschechen, Slowenen und andere. Um eine Zusammenarbeit diesbezüglich zu erleichtern, führte die Diözese Linz ein Referat für Flüchtlingsseelsorge ein. Auf Vorschlag des Referenten Prof. Josef Haltmayer wurde im Lager Asten eine Lagerseelsorge errichtet. Dem Pfarrer von Asten, Franz Werner, wurde die Seelsorge anvertraut. Ihm zur Seite standen die Seelsorger der einzelnen Sprachgruppen. Für die Kroaten haben die Franziskanerpatres Pius Fržop und Mirko Čović, aber auch die Pfarrer Vilim Cecelja und Juraj Paršić großartige Arbeit geleistet. Das geistliche, soziale und kulturelle Leben im Lager zeigte ihre Vielfalt besonders deutlich, als Herr Diözesanbischof Franz Zauner im Jahre 1957 das Lager besucht hatte. Er wurde in mehreren Sprachen begrüßt. Die Fotos von der überfüllten Lagerkirche gingen um die Welt. In den frühen 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts kamen in einer noch größeren Zahl neue Kroaten als Arbeitskräfte, die sogenannten Gastarbeiter. Um sie kümmerte sich eine neue Generation kroatischer Priester, die mit Erlaubnis und Unterstützung des Diözesanbischofs nach Oberösterreich kamen.
Anfang der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts wurde die Kroaten-Seelsorge in Oberösterreich vor neue Aufgaben gestellt. Es kamen die sogenannten Gastarbeiter, um die sich Kroaten-Seelsorger kümmerten. Ihre Zahl wuchs kontinuierlich, so dass neue Priester aus Kroatien nachgeholt werden mussten. Ihre Arbeit ging über ihre seelsorgliche Tätigkeit hinaus und umfasste auch das soziale und das Arbeitsumfeld. Der erste Seelsorger aus der kroatischen Heimat, der die Erlaubnis des Linzer Diözesanbischofs für die Kroaten-Seelsorge in Oberösterreich bekam, hieß Anton Mrakovčić. Er kam im Jahre 1966. Nach ihm folgte der Drittorden-Franziskanerpater Alfons Kupres. Beide Seelsorger feierten Gottesdienste und spendeten Sakramente in zehn verschiedenen Städten, von Braunau am Inn über Bad Ischl bis Linz und Steyr. Eine genaue Zahl der zugewanderten Kroaten konnte man damals nicht angeben, da die Statistiken der österreichischen Behörden keine religiöse und keine nationale Zugehörigkeit berücksichtigten. Damals sprach man nur von Jugoslawen. Trotzdem ging man davon aus, dass ein Drittel Katholiken bzw. Kroaten waren und die restlichen zwei Drittel orthodoxe Christen bzw. Muslime darstellten. Bei den Gottesdiensten in diesen Jahren versammelten sich etwa zwei Tausend kroatische Kirchgänger in ganz Oberösterreich. Um den wachsenden Problemen aus dem sozialen und aus dem Arbeitsumfeld entgegenzuwirken, halfen den Priestern Sozialarbeiter aus der Diözesan-Caritas. Unter den Ersten, noch zu Zeiten der Lagerseelsorge, wirkte Frau Mira Kurtovac, ab 1967 auch Herr Ivan Šardi bis zu seiner Pensionierung 2003. In der Mitte der 70er-Jahre befand sich die Kroaten-Seelsorge auf dem Scheideweg. Für eine systematische Arbeit mit so vielen Menschen reichte das Engagement zweier Menschen nicht aus. Darum wurde die Kroaten-Seelsorge in Oberösterreich den Ordenspriestern anvertraut, denen es leichter fiel, zwei oder mehr Priester ins Ausland zu senden, und von denen im Falle eines Wechsels ein neuer Kandidat leichter und schneller gefunden werden konnte. Ab 1976 wurden die Franziskaner der Franziskanerprovinz von Zagreb mit der Seelsorge für kroatische Gläubige in Oberösterreich beauftragt.
Der Priesterbedarf war in der Kroaten-Seelsorge Oberösterreichs ein ständiger Begleiter. Zunächst wurden die Priester aus der Nachkriegszeit mit neuen aus der kroatischen Heimat ersetzt. Aber diese Seelsorger gehörten oft verschiedenen Diözesen und Ordensgemeinschaften an. Die Anzahl der kroatischen Gläubigen kam der einer Großstadtbevölkerung gleich, und bei der Arbeit fehlte es an einer richtigen Aufgabenverteilung und Koordination. Außerdem fand bei einer Neubesetzung durch einen Neupriester die Übergabe nicht ausreichend und systematisch statt. All dies führte zum Entschluss, dass es einen neuen Schwung geben musste, und zwar vor allem einen solchen, der die Kontinuität und eine bessere Organisation sicherstellen konnte. Um dies zu gewährleisten, wurden Ordenspriester aus der kroatischen Heimat mit der Auslandsseelsorge beauftragt. Zwei oder mehr Mitbrüder konnten besser kooperieren, und bei der Neubesetzung konnte eine Ordensgemeinschaft mit einer größeren Zahl von Priestern eben leichter und schneller einen passenden Kandidaten finden, als dies bisher der Fall gewesen war. Die Kroaten-Seelsorge wurde deswegen seitens der Diözese Linz der Franziskanerprovinz von Zagreb anvertraut. Die ersten zwei Priester, P. Zlatko Papac und P. Hadrijan Horvat, kamen im Jahre 1975 und übernahmen die Seelsorge. Von da an, aufgrund der Besonderheiten in der Kroaten-Seelsorge – nämlich die große Zahl der Gläubigen und der Bedarf, die Gottesdienste in der Muttersprache zu feiern – spricht man von einer missio cum cura animarum. Aus dieser Zeit stammt die so oft verwendete Bezeichnung für die Kroaten-Seelsorge: Mission, oder mit vollem Namen „Kroatische katholische Mission“. Deren Einführung hatte prophetische Züge, denn als eine noch größere Zahl katholischer Flüchtlinge aus Kroatien und vor allem aus Bosnien und Herzegowina als Folge der Balkankriege der 1990er-Jahre in Oberösterreich eintraf, fanden diese schon eine geistige Stütze und Heimat vor. Die erwünschte Kontinuität, die man sich in den 1970er-Jahren erhofft hatte, trug auch Früchte: P. Zlatko Papac wirkte in der Seelsorge 22 Jahre, und seine Arbeit setzte P. Josip Tretnjak fort, der ebenfalls 21 Jahre dort gewirkt hatte. Die Kroaten-Mission ab dieser Zeit nahm die Züge eines echten Pfarrlebens an. Regelmäßige Gottesdienstfeiern, Sakramentenspendungen und Vorbereitungen darauf, Kinder- und Jugendarbeit, Ministrantenausbildung und Religionsunterricht, Ehe- und Familienpastoral: all das sind Felder überreicher Seelsorgetätigkeit. Man schätzt, dass heute in Oberösterreich nahezu 15.000 Kroaten leben. Viele von ihnen haben schon die österreichische Staatsbürgerschaft. Die 70 Jahre der Geschichte der kroatischen katholischen Seelsorge waren ständig von der Frage begleitet, was die Zukunft mit sich bringen würde. Integrations- und Assimilationsprozessen wollte die Seelsorge nie entgegenwirken, sondern eher als eine Brücke zwischen zwei Völkern und Kulturen dienen – zur gegenseitigen Bereicherung und zum Fortschritt.