Die Kirche und die Politik dürfen die Armen nicht aus dem Auge verlieren. Der Pastoralrat der Diözese befasste sich mit dem Verhältnis von Kirche zu Politik.
Ausgabe: 2017/10, Politik, Kirche, Pastoralrat
07.03.2017
Der Kampf für die Sozialversicherungen und um die Sozialleistungen wird eine der wichtigsten Auseinandersetzungen der nächsten Zeit werden. Damit rechnet der in Linz lehrende Professor für Christliche Sozialwissenschaften Christian Spieß. Bei der Pastoralrats-Vollversammung sprach er am 3. März von der Tatsache, „dass die Kosten des Wohlstandes auf der Welt ausgelagert würden in Regionen, die darunter leiden.“ Kinderarbeit für seltene Erden ist nur ein Beispiel dafür. Ganze Weltregionen würden aus dem Auge verloren; wie es der Mehrheit der Menschheit damit gehe, gerate gänzlich aus dem Blick. Die Mehrheit bliebe vom Wohlstand ausgeschlossen.
Witwen und Waisen von heute
Angesichts der Polarisierungen im Zuge der letzten Wahlkämpfe bildete das Verhältnis von Politik und Kirche das Hauptthema des Pastoralrates am Freitag und Samstag der Vorwoche. Für Professor Spieß geht es nicht nur um eine gerechtere Umverteilung der Güter. Es brauche vor allem die Anerkennung der Armen. Dafür müssten sich die Kirchen in den gesellschaftspolitischen Diskurs und auch in den Konflikt begeben. Es sei eine besondere Leistung der Kirchen, dass sie in ihren Einrichtungen für die an den Rand Gedrängten offen seien. Die Bedürfnisse der „Witwen und Waisen und der Fremden unserer Tage“ gelte es in die Mitte zu rücken.
„Erreichen wir die Armen wirklich?“ – unterstrich Bischof Manfred Scheuer die Dringlichkeit des Anliegens. Er äußerte seine Sorge um das Miteinander in der Gesellschaft. Nicht nur im Blick auf die Politik, auch für die Kirche selbst stellte er die Frage: „Können wir noch miteinander? Manchmal habe ich die Befürchtung, dass wir mit unseren Prinzipien und Analysen uns selber beruhigen, aber die Situation der Menschen nicht wirklich treffen.“ Dass Menschen miteinander können, sei die Voraussetzung für den Frieden. Die Verwundbaren und Verlierer von heute bräuchten Aufmerksamkeit. Scheuer plädiert für eine neue Sachlichkeit in Politik und Kirche: „Nur mit Beschimpfungen kommen wir nicht weiter.“