Vincent Kriechmayr ist aktuell der beste Oberösterreicher im alpinen Schizirkus. In den Sommermonaten hat er mehr Zeit und besucht gerne seine Familie in der Koglerau.
Ausgabe: 2016/29, Vincent Kriechmayr, Ski, ÖSV, Alpin
19.07.2016 - Brigitta Hasch
„Griass eich!“, völlig locker und unkompliziert steht Vincent Kriechmayr vor dem elterlichen Bauernhof und begrüßt die Besucher. Erst vor Kurzem wurde ein neuer Traktor angeschafft und da soll der Händler noch einiges nachjustieren. Ob er selbst auch gern mit dem Traktor fährt? „Eigentlich nur selten. Früher bin ich mit dem Großvater oft mitgefahren, auf einem alten Steyr-Traktor. Mit dem neuen kenn ich mich zu wenig aus“, grinst er.
Pause daheim
Vincent Kriechmayr genießt gerade eine freie Woche mit seinen Eltern Heinrich und Gertrudis, dem Zwillingsbruder Rafael und der Schwester Jacoba. Auch wenn er den ganzen Winter über viel unterwegs ist, kommt er immer wieder gern nach Hause. Hier auf dem Bauernhof in der Koglerau nahe dem Pöstlingberg ist er aufgewachsen.
„Natürlich helf ich auch am Hof, wo ich halt gebraucht werde. Ich lass mich einteilen und das mach ich dann.“ Ambitionen, einmal den Bauernhof zu übernehmen hat der 25-Jährige allerdings nicht. Das wird Bruder Rafael einmal machen.
Sommertraining
Das Sommertraining absolviert Vincent Kriechmayr hauptsächlich im salzburgischen Obertauern, das er schon aus seiner Kinder- und Jugendzeit gut kennt. Am täglichen Programm stehen etwa sechs Stunden Konditionstraining, dabei ist er oft in der Kraftkammer und auf dem Ergometer. Daheim wird übrigens auch trainiert, erzählt er.
Eine echte Renn- und Trainingspause gibt es für den Speedspezialisten nur im Frühjahr. Nach Saisonende werden die Schneeverhältnisse noch für ausgiebige Materialtests genutzt und dann heißt es drei Wochen Urlaub.
Mit zehn in die Schihauptschule
„Mein Vater war im Winter in Obertauern Schilehrer, das war sicher für mich förderlich“, erinnert sich Vincent Kriechmayr. „Mit zehn Jahren dann ins Internat nach Windischgarsten zu kommen, weg von den Eltern, das klingt hart und ich hatte schon auch Heimweh. Aber für meine sportliche Entwicklung war das super, und ich bin meinem Vater dafür dankbar.“
Nach einigen Junioren-Staatsmeistertiteln und Erfolgen im Europacup debütierte der Oberösterreicher am 19. Dezember 2010 im Weltcup, beim Riesentorlauf in Alta Badia. Seither gehört er zum Stamm der österreichischen Speedmannschaft.
Weltcup-Leben
Was macht den guten Schiläufer Vincent Kriechmayr zum Spitzen-Rennläufer? „Ich war schon immer sehr ehrgeizig und hab nur ungern verloren. Dafür heißt es natürlich viel trainieren. Aber das ist schließlich mein Job.“ Ob man am Ende der Saison nicht einen Lagerkoller bekommt? „Nein, denn ich verstehe mich mit meinen Kollegen wirklich gut. Man ist aber vielleicht etwas ausgebrannt nach den vielen Rennen.“
Ein lockeres Leben, wie aus früheren Zeiten oft berichtet wird, ist der Weltcupzirkus schon lange nicht mehr. Auf der Piste heißt es, alles aus sich herauszuholen. Nach dem Rennen gibt es die Autogramm- und Selfiewünsche der Fans. „Manche sind da schon hartnäckig, aber das macht mir nichts. Nur vor dem Start brauch‘ ich meine Ruhe. Da stören auch manchmal Kameraleute, die in der Konzentrationsphase unbedingt Nahaufnahmen machen wollen.“
Die nächste Saison
Traditioneller Auftakt in Sölden ist am 23. Oktober. Der Saison-Höhepunkt ist natürlich die Weltmeisterschaft im Februar in St. Moritz. Für Vincent Kriechmayr soll es immer einen Schritt nach vorne gehen, wie er sagt. Er möchte am Stockerl stehen und auch Rennen gewinnen.
Ehrgeiz, Können und Training sind darauf ausgerichtet, und „das letzte Prozent zum Sieg passiert im Kopf.“