Wie Tränen wirken die tropfenartigen Gebilde, die von der Decke hängen. Die Umgestaltung des spirituellen Raumes im UKH Linz eröffnet im oft hektischen Krankenhausalltag einen Ort des Rückzugs.
Ausgabe: 2016/37
13.09.2016 - Elisabeth Leitner
Architekt Franz Josef Maria Wittekind hat vor zehn Jahren ein „Haus des Wassers“ für das Unfallkrankenhaus der AUVA entworfen, nun wurde der Raum von Elisabeth Altenburg künstlerisch neu gestaltet.
Ein eigenes Haus
Ein langer, heller Gang, seitlich mit kleinen Lichtern erleuchtet, führt – innerhalb des Gebäudekomplexes – seitlich weg vom Hauptgebäude in das „Haus der Stille“. Ein Schild weist den Weg. Das Metalltor ist leicht geöffnet, beim Betreten wird der Raum schrittweise erleuchtet.
Aus OP-Tüchern gestaltet
Von der Decke hängen tropfenförmige Gebilde in verschiedenen Blau- und Türkistönen. Sie sind aus OP-Tüchern genäht. Das Alltagsmaterial des UKH erinnert an Tropfen, Regen, Tränen. Tränen der Freude, Tränen der Verzweiflung und des Schmerzes, die in diesem Haus sicht- und erlebbar sein dürfen. Die dahinterliegende Hauptwand in dunklem Blau wirkt, als würde Wasser ständig sanft darüberfließen. Die Wasserwand lässt die Tropfen noch deutlicher hervortreten. Es scheint, als würden sie in unterschiedlichen Höhen im Raum auf und ab schweben. Der Raum wirkt bewegt, ohne Unruhe auszustrahlen.
Psalm 23 als Motiv
Links und rechts laden einzelne, in einer Reihe stehende Stühle in Gelb zum Verweilen ein. Die Bestuhlung ist flexibel und kann den Bedürfnissen der Besucher/innen angepasst werden. Der Raum ist umrandet von in Töpfen gepflanzten, langstieligen Grashalmen. Psalm 23 – Gott lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser – ist hier als Leitmotiv zu erkennen. In den Ecken stehen jeweils links und rechts vorne zwei Tische in hellem Holz. Die Bibel und ein sogenanntes „Fürbitt-Buch“, in das Besucher/innen persönliche Anliegen schreiben können, liegen dort auf. Die Vielzahl der Einträge erzeugt beim Betrachten den Eindruck, dass es ein großes Bedürfnis geben muss, mit seinen Bitten und Segenswünschen im Krankenhaus nicht alleine zu sein.
Für alle offen
Seelsorgliche Begleitung bietet auch das ökumenische Seelsorge-Team an. „Es ist allen, die in diesen Gestaltungsprozess eingebunden sind, ein Anliegen, dass die Menschen, die das Haus der Stille aufsuchen – Patient/innen und deren Angehörige, Mitarbeiter/innen und Besucher/innen –, dort einen Ruheplatz vorfinden, der Kraft spendet, Hoffnung und Vertrauen wachsen und einfach still werden lässt in der Bedrängnis und Anforderung des Lebens“, beschreibt Elfi Koblmüller vom Seelsorge-Team ihren Zugang zum Haus der Stille. Um allen Besuchern einen Ort des Rückzugs zu ermöglichen, wurde auf den Einsatz religiöser Symbole fast gänzlich verzichtet. Nur ein zartes Kreuz an der Seitenwand, das mit Blau in die Betonfugen gesetzt wurde, ist erkennbar.
Geschützter Raum
Das Haus der Stille ermöglicht hier ganz konkret und zurückhaltend, das persönliche Leid, den Schmerz, das Mitgefühl, die Wünsche zur Genesung und den Dank für Heilung in einem geschützten Rahmen artikulieren zu können. Die behutsame künstlerische Umsetzung des Psalms 23 im Haus der Stille ist gelungen. – Ein weiterer spiritueller Ort in Linz, der die Handschrift einer namhaften Künstlerin trägt.
Tipp: Salongespräch Kunst und Kirche
Zur Künstlerin
Bei Ausstellungen in der Kreuzschwesterngalerie (2013), im Salzamt (2013) und in der Kunststation Mariendom (2010) war die Künstlerin Elisabeth Altenburg bereits in Linz vertreten. Sie verbindet in ihrem Werk vermeintlich gegensätzliche, doch zugleich nahe Elemente wie Körper und Raum, Empfindungen und Austausch. Die 1983 in Vöcklabruck geborene Künstlerin Elisabeth Altenburg hat 2010 den Förderpreis des Diözesankunstvereines erhalten. Altenburg studierte in Halle, Graz, Linz und in Tallin. Sie lebt und arbeitet in Wien.