Die österreichischen Sportlerinnen und Sportler sind gerüstet für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Pater Johannes Paul Chavanne vom Stift Heiligenkreuz steht ihnen dort als Seelsorger zur Seite.
Ausgabe: 2016/31, Seelsorger bei Olympia, P. Johannes Paul Chavanne, Olympia, Stift Heiligenkreuz, Rio de Janeiro,
02.08.2016 - Susanne Huber
Sie sind seit 2013 Seelsorger für Olympische und Paralympische Spiele. Was sind Ihren Erfahrungen nach die dringendsten Nöte der Athleten?
P. Johannes Paul Chavanne: Sportler sind Menschen, wie andere auch, die ihre Fragen haben an das Thema Glaube, die ihre Fragen haben an das Thema Kirche oder die ihre Erfahrungen haben in diesem Bereich. Was Sportler immer wieder sagen und gut finden, ist, das einerseits jemand wie ich als Seelsorger da ist, der sie nicht danach beurteilt und bewertet, welche sportliche Leistung sie erbringen, sondern sie einfach als Menschen anschaut. Und dass andererseits in mir auch jemand da ist, der aus einem ganz anderen Background kommt und es deshalb manchmal gut ist, mit jemandem zu sprechen, der unabhängig von außen die Situation kennenlernt. Dazu kommt, dass ein Priester den Segen Gottes vermittelt – den brauchen Sportler genauso wie alle anderen Menschen.
Wie schwierig ist es für Sie als Seelsorger, Sportler nach einer Niederlage wieder aufzubauen?
P. Johannes Paul Chavanne: Für niemanden ist der Bewerb wichtiger als für den Sportler selber, weil er sich ja viele Jahre sehr intensiv darauf vorbereitet hat. Und an diesem einen Tag geht es dann um die perfekte Leistung. Was ich aus Gesprächen mitbekommen habe, geht es den Sportlern nicht immer nur darum, eine Medaille zu gewinnen, sondern es geht auch darum, dass sie ihre persönliche Bestleistung bringen und am Ende des Tages schauen, was ist dabei herausgekommen. Wenn dann jemand die Leistung, die er erbringen wollte, nicht erreicht, ist die Enttäuschung natürlich groß. Was ich immer wieder ein bisschen mit Augenzwinkern einbringe, ist ein Wort aus der Heiligen Schrift, wo Jesus sagt, manche von den Letzten werden die Ersten sein und manche von den Ersten werden die Letzten sein. Es gibt auch noch eine andere Perspektive. Und diese sichtbar zu machen, ist auch eine Aufgabe des Seelsorgers bei so einem Ereignis.
Neben dem Feiern der heiligen Messe ...
P. Johannes Paul Chavanne: Neben dem Feiern der heiligen Messe am Sonntag, neben dem Angebot der Beichte, neben der Krankensalbung, die ich spende, wenn sich jemand verletzt. Ich spreche und bete mit den Leuten und für die Leute, ich bin einfach da – vorrangig für die Sportler, aber auch für alle anderen, die vor Ort sind: die Betreuer, die Funktionäre, die Journalisten, die Fans, die Familienangehörigen von Sportlern.
Es ist also wichtig, dass bei Olympischen Spielen ein Seelsorger dabei ist ...
P. Johannes Paul Chavanne: So wichtig wie ein Seelsorger in jedem anderen gesellschaftlichen Bereich, ist auch ein Seelsorger wichtig bei Olympischen Spielen. Es geht immer um Menschen. Wenn wir glauben, dass jeder Mensch eine Seele hat, dass jeder Mensch eine Beziehung zu Gott aufbauen kann und soll und dazu berufen ist, dass einem das guttut, dass das hilft, dass das Kraft gibt, dann ist es gut, dass es einen Seelsorger auch bei Olympischen Spielen gibt.
Was sagen Sie zu den Menschenrechtsverletzungen rund um Olympische Spiele?
P. Johannes Paul Chavanne: Das ist absolut ein Thema und man darf das nicht aus- und wegblenden. Ich glaube, dass man gleichzeitig auch nicht aus- und wegblenden darf, dass natürlich auch Menschen davon profitieren, dass die Olympischen Spiele vor Ort sind. Es wird immer beide Aspekte geben. Wenn Infrastruktur aufgebaut wird, wenn Verkehr aufgebaut wird, wenn ein Land mit positivem Image an die Öffentlichkeit getragen wird und Menschen kommen, um es auch touristisch kennenzulernen, dann ist das ja auch vorteilhaft für ein Land; gleichzeitig darf man aber nicht ausblenden, dass es natürlich auch Menschen gibt, auf deren Kosten das stattfindet. Und das muss man auch kritisieren.
Waren Sie schon einmal in Rio bzw. in Brasilien?
P. Johannes Paul Chavanne: Nein. Erstmals. Ich freue mich darauf und die Vorfreude wird immer größer. Ich werde Anfang August nach Rio aufbrechen und bis 20. September dort bleiben, weil ich auch in der Zeit bis zum Ende der Paralympics dabei sein werde.
Gibt es Ihrerseits eine spezielle Vorbereitung auf das Land?
P. Johannes Paul Chavanne: Gelsenschutz ist wichtig, sagt man. Es gibt ein Buch von Stefan Zweig über Brasilien, das habe ich mir gekauft und auch schon gelesen; einen Reiseführer habe ich mir besorgt und noch nicht gelesen, das werde ich vor Ort machen. Und ich habe ein Sprachlernpackage Portugiesisch, das möchte ich dann auch in Brasilien angehen; wenn Zeit ist.
Sind Sie selber auch sportbegeistert?
P. Johannes Paul Chavanne: Ich spiele einmal die Woche Tennis und im Winter gehe ich gerne schifahren. Es ist aber mehr ein Hobby von mir, ich habe keine sportlichen Ambitionen.