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Zu „Das Wort katholisch schreckt junge Leute ab“ in Ausgabe Nr. 48:
Es ist jammerschade, dass Inhalt und Bedeutung des Wortes „katholisch“ nicht oder kaum mehr vermittelt und verstanden werden: Das Wort kommt aus dem Griechischen katá holon: aufs Ganze bezogen, alles umfassend. Ob nun eine Institution in diesem Sinne katholisch ist oder überhaupt sein kann, bleibt natürlich letztendlich offen und fragwürdig; denn diese Katholizität hängt jeweils völlig von ihren Vertretern ab, wie weit diese eine solche Offenheit selber leben und vertreten.
Was aber grundsätzlich katholisch und wohl das einzige Katholische ist, das wir kennen, ist die menschliche Seele. Sie ist die Voraussetzung jeder Wissenschaft, und mit dieser ihrer grundlegenden Eigenschaft ist ihre Einzigartigkeit und Unverzichtbarkeit verbunden.
Nun ist es eine traurige Tatsache, dass selbst die akademische Psychologie von heute und die meisten verschiedenen Psychologien und Schulen, ja sogar Psychotherapeuten dem Trend der Zeit folgend mit dieser Eigenschaft der Seele ihre Schwierigkeit haben, weil sie im herrschenden Zeitgeist keinen Platz mehr hat – sehr zum Schaden jeder Psychologie und vor allem Psychotherapie.
Dr. Wilhelm Just, Ottensheim
Jüngst startete das jüdische Lichterfest Chanukka. Fast auf den Tag genau zwei Monate vorher ermordeten Terroristen der Hamas auf bestialische Weise 1.200 wehrlose Israelis. Die gesamte westliche Welt stand am 7. Oktober 2023 geschlossen hinter den Menschen in Israel. Auch Österreich.
Aber jetzt während des Chanukkafests, das auch bei uns in der Linzer Synagoge gefeiert wird, ist für mich erkennbar, dass die Solidarität mit Israel und unseren jüdischen Mitbürgern sichtbare Risse bekommen hat. In vielen Gesprächen spüre ich die Kälte der Ja-aber-Debatte: „Ja, aber: Die Bomben der israelischen Armee töten auch viele Kinder im Gaza-Streifen. Ja, aber: Die Israelis hätten schon vor Jahren Frieden schließen müssen. Ja, aber: Sind nicht die Juden mit ihrer unnachgiebigen Haltung auch ein Stück weit selber schuld?“ Anstatt während des Chanukkafests unseren jüdischen Mitbürgern das wärmende Licht des Mitgefühls entgegenzustrecken, relativieren nicht wenige von uns die Taten der Hamas-Terroristen.
Als ich im November den inzwischen 89-jährigen jüdischen Psychiater Harry Merl zu Hause im Mühlviertel besuchte, sagte er mir, dass neben seinen Albträumen auch seine „jüdische Angst“ wieder hochgekommen sei. Harry überlebte als Kind den Holocaust nur knapp. Zuletzt mussten sich er und seine Familie monatelang in einem Kohlenkeller verstecken.
Ich bin erschüttert, dass wir Christen es nicht besser schaffen, unmissverständlich an der Seite jener zu stehen, deren Familienmitglieder im Holocaust ermordet oder schwer traumatisiert wurden.
Chanukka dauert acht Tage. Jeden Abend wird eine neue, weitere Kerze entzündet, bis der Chanukkaleuchter im vollen Glanz erstrahlt. Ich wünsche mir, dass unsere Solidarität mit Israel und unseren jüdischen Mitbürgern wieder genauso zunimmt wie der Kerzenschein beim jüdischen Lichterfest Chanukka.
Johannes Neuhauser, per E-Mail
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