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Vor fünfzig oder sechzig Jahren gab es wöchentlich noch 30 bis 40 Prozent sonntägliche Kirchgänger unter den Katholikinnen und Katholiken. In den Wohnungen gab es Herrgottswinkel, Kreuze oder Heiligenbilder und Weihwasserbecken, Tisch- und Abendgebete. Kinder wurden mit einem Kreuzzeichen vor bestimmten Aufgaben gesegnet. Wenn Leute an Wegkreuzen oder Marterln vorbeigingen, machten viele ein Kreuzzeichen oder zogen den Hut. Zeichen der Gegenwart Gottes, Jesu oder der jenseitigen Wirklichkeit waren unübersehbar.
Heute sind es kaum zehn Prozent der Gläubigen, die noch die Sonntagsmesse besuchen. Die religiösen Symbole und Aktionen sind aus den Familien und der Gesellschaft weitgehend verschwunden. Dieses Problem kann durch die Umstrukturierung der Pfarren und deren Führung kaum geändert werden. Jesus hat eine Laienbewegung gegründet. Er und seine Apostel und Jünger waren einfache Handwerker oder Fischer (keine studierten Theologen oder Priester). Jesus hatte sogar ein gestörtes Verhältnis zur Priesterschaft im Tempel. Sein Aufruf: „Ihr sollt meine Zeugen sein“, richtet sich an alle, die ihm nachfolgen und zu ihm gehören wollen. Das Abschieben dieses Zeugnisses an Priester und Theologen war sicher nicht in seinem Sinn. Jesus hat die heiligen Zeichen (Sakramente) für die Gegenwart Gottes nicht studierten und geweihten Spezialisten anvertraut. [...]
Wann wird die Kirche diese heiligen Zeichen wieder allen Christen anvertrauen, ohne die Angst vor Missbrauch? Wann werden überzeugte Christen den Mut aufbringen, wie Jesus und seine Jünger, in die Familien und Gemeinschaften zu gehen, um dort die heiligen Zeichen wieder aufleben zu lassen? Nehmen wir uns an den Juden ein Beispiel (Sabbatmahl, Synagogen-Zusammenkunft). Wann werden die „Kyriakes“ die Amtskirche in Pension schicken?
Mag. Theol. Wolfgang Hingerl, Bad Hall
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