KOMMENTAR_
Am 31. Jänner sagen die Briten der EU Adieu, der Brexit wird Wirklichkeit. Man könnte nach den jahrelangen Querelen um den Ausstieg und die verrückten letzten Monate erleichtert sein. Aber da ist auch die Überzeugung, dass dieser Schritt ein politischer und wirtschaftlicher Schaden sein wird – für die Briten und die EU-Staaten.
Dabei kommt mir eine Begegnung aus dem Jahr 2005 in den Sinn: Auf Recherchereise traf ich in Ankara einen britischen Mitarbeiter der EU-Vertretung in der Türkei. Anders als die meisten meiner Gesprächspartner vor Ort war dieser junge Mann mit Hemd, Krawatte und Pullunder damals nicht davon überzeugt, dass der EU-Beitritt der Türkei eine absehbare Sache ist. Er kannte die Materie und hat mit seiner nüchternen Expertise letztlich Recht behalten.
Ja, die britische Politik hat in den letzten Monaten den Anschein einer Versammlung von Stammeshäuptlingen geboten. Ja, nicht wenige auf der Insel träumen von einer britischen „Freiheit“, für die es aber ein Weltreich bräuchte, das es nicht mehr gibt. Ja, manche britische EU-Hasser haben sich schwer im Ton vergriffen. Aber insgesamt wird man sagen müssen: Wir als EU verlieren auch jene Briten, die für ein geeintes Europa waren, und jene britische EU-Beamte, die mit Fachkenntnis und nüchterner Beobachtung einen wichtigen Beitrag geleistet haben – wie der Mann in Ankara.
KOMMENTAR_
DENK_WÜRDIG
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>
BRIEF_KASTEN