Frontalunterricht, bei dem nichts hängen bleibt, Unterrichtsstoff, der nichts mit dem Leben der Schüler:innen zu tun hat, langes Stillsitzen – so sehe die Realität der Schule derzeit oft aus, sagt Margret Rasfeld. Sie gehört zu jenen Referent:innen, die zum Bildungskongress im Oktober im Bildungshaus Schloss Puchberg geladen sind.
Rasfeld kritisiert, dass durch das seit vielen Jahrzehnten betriebene „Bulimielernen“ die Begeisterung am Lernen und die Kreativität verloren geht: „Schule muss sich grundlegend verändern“, ist sie überzeugt. Als sie 2007 Direktorin der Evangelischen Schule Berlin Zentrum wurde, hat sie dort das Konzept „Schule im Aufbruch“ implementiert. Sie ist selbst auch Mitbegründerin dieser Initiative, die auf folgenden vier Säulen basiert: Lernen, Wissen zu erwerben, Lernen zusammenzuleben, Lernen zu handeln und Lernen zu sein. „Es geht darum, aus der Schule rauszugehen, die eigene Lebenswelt mitzugestalten und sich mit Kreativität einzubringen.“
Konkret umgesetzt wurde dies mit den neuen Schulfächern „Verantwortung“ und „Herausforderung“, der Frontalunterricht wurde überwunden und beispielsweise Lernbüros eingeführt, wo die Schüler:innen selbst entscheiden, was sie in welchem Tempo lernen möchten.
Beim Lernformat „Frei Day“ beschäftigen sich die Schüler:innen mit Nachhaltigkeitsthemen, beispielsweise Solarenergie, Mental Health oder Insektensterben. Dann überlegen sie konkret, wie sie die Schule oder die Kommune nachhaltiger gestalten können.
„Schule im Aufbruch“ gehört nicht zu den einzigen Methoden, Wissensvermittlung an Schulen anders zu gestalten. Rainer Leitner, Direktor des BG/BRG Gmunden, hat dort vor einigen Jahren SOLA eingeführt, „Selbstorganisiertes Lernen und Arbeiten“.
„Wir haben uns viele Schulen angeschaut, etwa Staatspreisträgerschulen in Deutschland, die das SOLA-Konzept bereits umgesetzt haben“, sagt er. Es geht dabei darum, dass in den SOLA-Stunden die Schüler:innen ihr „Lernsetting“ selbst wählen können – mit der Betreuung und Unterstützung einer bestimmten Lehrperson, mit einer Gruppe, Freund:innen oder alleine, in einer ganz ruhigen Umgebung oder „bewegt“. Die Lehrer:innen bereiten für diese SOLA-Stunden Arbeitspläne vor und die Schüler:innen haben fünf Wochen Zeit, diese zu erledigen. Die Umstellung sei anfangs nicht leicht gewesen: „In den Anfangsjahren gab es auch Kritik, doch jetzt im fünften Jahr ist das gut etabliert.“
Von den Lehrkräften komme die Rückmeldung, dass diese in den SOLA-Stunden mehr Zeit hätten, mit den Kinder zu reden, ohne den Druck zu haben, Stoff durchbringen zu müssen. „Wir merken an den Schüler:innen, dass sich etwas verändert. Dadurch, dass sie selbstständig lernen, kommen sie in Kontakt mit anderen, es verändert die Schulhauskultur.“
Zudem verbessere sich die Qualität der Fragen, die die Schüler:innen stellen. Nicht zuletzt würden sie lernen, selbstverantwortlich zu handeln, was sie im späteren Leben ja auch tun müssten, sagt Leitner.
Vor und in den Ferien nutzen viele Schüler:innen wieder verstärkt Nachhilfeangebote. Noten sollen noch verbessert werden oder man bereitet sich auf den „Nachzipf“ im Herbst vor.
Margret Rasfeld sieht das kritisch: „Kinder sollen sich in den Ferien erholen und nicht lernen.“ Nachhilfe übernähme die Aufgaben, die eigentlich die Schule hätte. Dadurch, dass für Nachhilfe bezahlt werden muss, komme noch der Aspekt der sozialen Ungerechtigkeit dazu. Wie Rainer Leitner erzählt, würden zwar Schüler:innen auch am BG/BRG Gmunden externe Nachhilfeangebote nutzen, jedoch versuche man durch schuleigene Angebote, die Schüler:innen so viel wie möglich zu unterstützen, etwa durch offene Förderkurse oder Lernlabors für Schularbeitsfächer, zu denen man ohne Anmeldung hingehen könne. Nicht zuletzt gebe es auch ein Schüler-für-Schüler-Unterstützungsnetzwerk.
Das, was Rainer Leitner gemacht hat, nämlich sich anzuschauen, welche innovativen Ideen es an anderen Schulen gibt, findet Margret Rasfeld sehr wichtig: „Schulen brauchen Ermutigung von oben und die Kraft von unten und müssen sehen, was möglich ist.“ Auch Bildungskongresse wie jener im Oktober in Puchberg sowie Marktplätze und Ideenbörsen seien sehr wichtig, denn so komme man in Austausch mit den Kolleg:innen, sagt Rainer Leitner und ergänzt: „Ich fahre auch in andere Schulen und erzähle, wie wir das machen, was die Stolpersteine waren und was sich bewährt hat.“
Bildungskongress, 3.–4. 10., Bildungshaus Schloss Puchberg, Infos und Anmeldung über puchberg@dioezese-linz.at, +43 7242 47537, www.schlosspuchberg.at, Frühbucherbonus bis 31. 8.
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