Wort zum Sonntag
1973 putschte sich das Militär in Chile an die Macht. General Augusto Pinochet errichtete eine brutale Diktatur. Tausende Menschen wurden unter seinem Regime ermordet, viele Menschen verschwanden und wurden gefoltert. Etwa ein halbes Jahr nach der Verhaftung von Pinochet in England interviewte die Kirchenzeitung im März 1999 den in Tirol geborenen, chilenischen Bischof Sixtus Parzinger.
Anlass war, dass sich der Vatikan für die Freilassung Pinochets eingesetzt hatte. „Ich meine, Rom hätte diesen Schritt mit einer Bedingung verbinden können und sagen: Wenn Pinochet Reue zeigt, dann werden wir ganz für ihn eintreten. Aber das hat er bisher nicht gemacht“, sagte Parzinger. Der Ex-Diktator sollte die Mütter der Opfer und Verschwundenen um Verzeihung bitten.
Zu dem Stichwort, dass mehrere chilenische Bischöfe all jenen die Exkommunikation angedroht hatten, die foltern, Folter anordnen oder diese nicht verhindern, sagte der Bischof: „Er muß bestraft werden und Gerechtigkeit geschaffen werden. Aber das ist so schwierig, weil ja ein Teil der Leute – die Rechtsgerichteten – das mit allen Mitteln, auch mit Gewalt, verhindern wollen.“
In der chilenischen Bischofskonferenz bestand schon die Überzeugung, das Pinochet zur Verantwortung gezogen werden müsse: „Aber nicht in allen Fällen. Einige Fälle sollen exemplarisch untersucht werden. Bei den anderen könnte man dann ins Gespräch kommen, um zu verzeihen“, erklärte Parzer: „Ich meine, die Kirche muß einen Mittelweg finden zwischen den polarisierten Meinungen. Die einen sind für die Verurteilung Pinochets, die anderen dagegen. Beides ist richtig: Gerechtigkeit und auch das Gespräch über die wirkliche innere Verzeihung. Das ins Gespräch zu bringen, führt zur wirklichen Erneuerung.“
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