Wort zum Sonntag
Sprache ist Heimat. Ist es die Aufgabe der fremdsprachigen Seelsorge, Kirche auch für Zugezogene zur Heimat zu machen?
László Vencser: Ja, die Vielfalt der Sprachen in der Kirche bietet Heimat. Unter der Woche, in der Schule und im Beruf sprechen die Menschen deutsch. Am Wochenende suchen sie einen Ort, um Energie zu sammeln. Diese Möglichkeit bieten ihnen die Fremdsprachen-Seelsorger und ihre Mitarbeiter/innen – wobei die fremdsprachigen Gemeinden relativ priesterzentriert sind: Wenn man, wie zum Beispiel die albanischsprachige Gemeinde in der Diözese Linz, nur sieben- bis achtmal im Jahr die Möglichkeit zum Gottesdienst hat, dann sollte ein Priester da sein. In der Diözese Linz haben wir 13 fremdsprachige Gemeinden in denen 16 Nationen vertreten sind: Tschechen und Slowaken bilden zum Beispiel zusammen eine Gemeinde. Für diese Gemeinden sorgen 15 Priester, wobei sieben davon in der Diözese Linz wohnen, die anderen zumeist in Wien. Österreichweit gehen wir von einer halben Millionen fremdsprachiger Katholiken aus.
Wie ist die seelsorgliche Arbeit aufgebaut, da die Gemeindemitglieder oft sehr verstreut wohnen?
Vencser: Im Zentrum stehen der Gottesdienst und die Treffen danach. Leider waren diese Treffen gerade in der Corona-Pandemie zeitweise nicht möglich. Manche nationale Gruppen haben auch Kulturvereine, die der jeweilige Priester besucht. Ich unterstütze das, weil man über die Kultur den Glauben ansprechen kann. Schwierig ist aber, dass mit Ausnahme der Seelsorger für die kroatische Gemeinde die Priester auch Pfarrgemeinden betreuen. Gerade am Wochenende wollen ja beide, Pfarr- und fremdsprachige Gemeinde, den Priester vor Ort haben. Sehr wichtig in der Seelsorge ist zudem der telefonische Kontakt, wenn es darum geht, schnell Hilfe zu erhalten.
Gibt es Erfahrungen, die alle Fremdsprachen-Seelsorger teilen?
Vencser: Zunächst sind die Gemeinden sehr unterschiedlich – mitunter sind sie auch intern vielfältig: Wir haben in Linz eine englischsprachige afrikanische Gemeinde, aber Afrika ist kein Land, sondern ein ganzer Kontinent. Fünfmal im Jahr haben wir eine Abteilungsversammlung zum Austausch der Seelsorger untereinander. Ich sehe, dass die Priester für ihre Aufgabe begeistert sind. Wichtig ist, dass die Diözese auch weiterhin eine Anlaufstelle bietet, wie unsere Abteilung eine ist. Wir sind optimistisch, dass es das in einer guten Form auch zukünftig geben wird. Ich selbst werde in zwei Jahren aber 75 Jahre alt und möchte dann in Pension gehen. Daher suchen wir schon nach einem Nachfolger.
Sie stammen aus der ungarischen Minderheit in Siebenbürgen (Rumänien). Hat Sie das für Sprache und Vielfalt sensibilisiert?
Vencser: Ich komme zwar aus einer so ungarisch geprägten Gegend, dass ich erst als Jugendlicher mitbekommen habe, dass in Rumänien auch Rumänen leben. Aber am Priesterseminar in Alba Iuli habe ich Vielfalt kennengelernt: Die Kommunisten erlaubten für die katholische Kirche nur ein Seminar. Also waren dort neben den Ungarn auch Deutsche, Kroaten, Bulgaren, Tschechen, Slowaken und ein paar Rumänen. Ähnlich war es während meines Studiums in Rom: Ich hatte Kollegen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Norwegen, Schweden und aus dem damaligen Jugoslawien.
Können mit den 13 fremdsprachigen Gemeinden in der Diözese Linz alle Bedürfnisse der Seelsorge abgedeckt werden?
Vencser: Ja und nein: Einerseits könnte man immer mehr machen. Als ich vor drei Jahrzehnten die Aufgabe begonnen habe, konnten sich die Priester mehr auf Hilfestellungen in den Gemeinden konzentrieren. Heute ist das in diesem Ausmaß nur mehr bei den Kroaten möglich. Andererseits bin ich überzeugt, es wird auch weiterhin funktionieren, wenn wir verstehen, dass unsere Kirche aus verschiedenen Nationen und Sprachen besteht.
Leider beeinflusst Corona auch den traditionellen Sonntag der Völker, heuer am 27. September. Das Kulturprogramm nach dem Gottesdienst im Dom ist heuer nicht möglich. Wird sich die Vielfalt trotzdem zeigen?
Vencser: Leider ist heuer eine Teilnehmerbeschränkung mit Anmeldung notwendig und das Singen ist stark eingeschränkt. Aber manche Gruppen werden in Volkstracht in den Dom kommen, Kyrie-Rufe und Fürbitten sind in verschiedenen Sprachen geplant. Thema des Gottesdienstes ist Gerechtigkeit – mit dem Hinweis, dass auch Jesus einmal fliehen musste. «
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