Wort zum Sonntag
Zwischen Himmel und Erde liegt der Arbeitsplatz von Günther Riedl. 40 Sommer lang ist der heute 51-Jährige schon Hirte auf der Almind-Alm im Fotschertal (Tirol). Gemeinsam mit seiner Familie schaut er, dass es den Tieren dort an nichts fehlt. Im Frühjahr zieht es Günther jedes Jahr aufs Neue in die Höhe. Für ihn ist es diese natürliche Ruhe, auf die er sich immer wieder freut. Am liebsten steht er ganz oben am Grat: „Wenn man von oben ins Tal hinunterschaut, wird man von einem Frieden erfüllt, den nur die Natur ausstrahlen kann.“
Günther war erst elf Jahre alt, als er seinen ersten Almsommer auf der Almind-Alm verbrachte. Schon damals hat es ihm die Schönheit der Natur angetan. Dann, mit knapp 20 Jahren, ist Günther in die Fußstapfen seines Vaters getreten und hat die Alm gepachtet. Da sein Vater krank war und auch bald starb, musste und wollte er Verantwortung übernehmen.
Der Bauer Georg meint: „Dem Günther vertraut man sein Vieh gerne an.“ Damit bestätigt er, dass Günther dieser Herausforderung auch gewachsen ist. Nach so vielen Jahren als Hirte kann er das Gleichnis vom verlorenen Schaf wohl nur zu gut verstehen. Auch ihm lässt es keine Ruhe, wenn eines seiner Schützlinge nicht zu finden ist. Jede Kuh, die im Fotschertal unter der Aufsicht von Günther Riedl steht, wird einmal täglich besucht, egal wie sehr es regnet, neblig ist oder ob Gewitter übers Tal ziehen. Über den Sommer baut sich eine Beziehung zwischen Mensch und Tier auf. „Man lernt sich kennen“, meint Günther: „Bald weiß man, welche Kuh wie tickt. Natürlich tut es einem sehr leid, wenn einem Tier etwas passiert.“
Beim Propheten Jeremia sagt Gott zum Volk Israel: „Ich gebe euch Hirten nach meinem Herzen; mit Einsicht und Klugheit werden sie euch weiden.“ Wer Günther vom Hirtenleben erzählen hört, erkennt, dass die Bibel da von viel Hingabe im Hirtendienst spricht: „Auf der Alm ist kein Tag wie der andere. Man kann nichts planen und muss sich vollkommen auf die Natur einlassen. Das Wetter und die Tiere bestimmen den Tagesverlauf.“
Zu Beginn des Sommers kommt der Pfarrer auf die Alm und spendet den Almsegen. Das ist Familie Riedl sehr wichtig. Sie wissen: Um die Tiere wieder gesund ins Tal zu bringen, brauchen sie auch die Unterstützung von oben. Am Ende des Sommers gibt Günther die Verantwortung für die Tiere dann wieder gerne ab: „Da fällt einem eine große Last vom Herzen, wenn alles gut gegangen ist“, sagt Günther. Nur wenn Mensch und Tier den Sommer heil überstanden haben, werden die Tiere für den Almabtrieb schön geschmückt. Damit drücken die Älpler ihre Dankbarkeit aus. Schon Wochen vor dem Almabtrieb beginnen sie, aus Blumen und Sträuchern Kränze zu flechten. Die werden den Kühen beim Almabtrieb dann umgehängt. Die Hirten ziehen sich weiße Hemden an und treiben die Kühe ins Tal. Es ist ein beeindruckendes Bild, wenn die schön geschmückten Tiere wieder „nach Hause“ kommen. Schon von weitem zeigen dann die Blumen: Dank sei Gott, heuer ist alles gut gegangen, Mensch und Tier kommen gesund zurück.
Aus der Serie "Sommer für die Seele", Teil 1 von 4.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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