Eine Woche nach den Attentaten in Frankreich ist es Zeit, über die Reaktionen nachzudenken. Dabei gilt es, einfachen Erklärungen zu misstrauen und zu versuchen, Dinge zu unterscheiden. Kommentar von Heinz Niederleitner.
Ausgabe: 2015/3, Frankreich, Reaktion, Muslime, Terror, Charlie Hebdo
14.01.2015
- Heinz Niederleitner
Das mag angesichts der Opfer schwierig sein, aber nur das entspricht den Werten einer freien Gesellschaft. Dafür vier Beispiele: Zwar ist erstens oft zu hören, dass Muslime nicht pauschal unter Verdacht gestellt werden dürfen. Dennoch ist zu vermuten, dass die islamkritischen Pegida-Proteste Zulauf bekommen. Nur: Integrationsprobleme und Terroranschläge sind zwei verschiedene Dinge, die man nicht einfach in einen Topf werfen kann. Der Terrorismus ist daher keine „Bestätigung“ der Pegida-Ängste.
Zweitens ist angesichts der ermordeten Mitarbeiter von „Charlie Hebdo“ von einem Angriff auf die Meinungsfreiheit die Rede. Ja, die Meinungsfreiheit gehört zu den höchsten Gütern, die unbedingt zu verteidigen sind. Nur war sie schon bisher nicht so grenzenlos, wie es nun verlangt wird („Satire darf alles“). Für manche Beschränkungen gibt es gute Gründe (z.B. Verbot der Verhetzung). Drittens fordert die Meinungsfreiheit, ohne Angst darüber zu diskutieren, ob alles, was erlaubt ist, auch sinnvoll ist: Wenn Galerien als Reaktion auf den Terrorismus „Meisterwerke der Blasphemie“ ausstellen wollen, ist zu fragen, ob das ein Beleg der Meinungsfreiheit oder eine von den Terroristen erhoffte Trotzreaktion ist. Viertens: Oft ist zu hören, Terrorismus habe nichts mit dem wahren Islam zu tun. Das stimmt für die absolut überwiegende Mehrheit der Muslime. Nur: Wenn sich Terroristen auf den Islam berufen, muss man fragen, warum das geht – und was man dagegen tun kann.