Unbenutzte Gymnastikmatten haben Symbolkraft. Wohlstand ist, wenn man für Bedürfnisse, die man eventuell haben könnte, auch schon vorgesorgt hat. Ein Leitartikel von Matthäus Fellinger.
Ausgabe: 2015/10, Gymnastik, Bewegung, Bizeps
04.03.2015
Ich habe eine zu Hause, erzählt ein Freund bei Tisch. Seine Sitznachbarin hat auch schon eine. Von Gymnastikmatten ist die Rede, die es kürzlich im Angebot gab. Ein Dritter wiederum weiß von einem, der sie ebenfalls hat. Probiert habe ich sie schon, erzählt Ersterer. Super. Die Matten der anderen harren unausgepackt ihrer Bestimmung. Wohlstand: das ist, wenn man für Bedürfnisse, die man eventuell haben könnte, auch schon vorgesorgt hat. Mehr Bewegung täte gut, also fängt man bei der Ausrüstung an – damit man kann, wenn man will. Jederzeit! Aber noch ist es nicht so weit. Das kleine Wort „Wozu“ ist es, das Aufmerksamkeit verdient. Ein strenges Wörtchen. Es stellt in Frage. Bei allem, was man tut oder sich aneignet um das Wozu zu wissen – oder es sein zu lassen. Nicht nur Bizeps und Bauchmuskeln, sondern seinen Willen schlank zu halten – das wäre es. Wer stets „für alle Fälle“ gerüstet sein will und „allem Möglichen“ folgt, übersieht zu leicht den Moment, in dem es gerade auf ihn ankommt. Gymnastik für die Seele also. Willenstraining. Da braucht es nicht einmal eine Matte. Sie führt zur Freiheit, die nicht in Fabriken erzeugt werden muss. Eine Anregung bloß, weil Fastenzeit ist.