Ob „klassisches“ Gemüse oder tropische Spezialitäten wie Okra-Schoten und indische Kürbisse – im Klostergarten der Franziskaner von Frauenkirchen im Burgenland und den indischen Schwestern des hl. Joseph von Tarbes gedeiht beides. Die Schwestern nutzen die Gartenarbeit als spirituelle Auszeit von den täglichen Verpflichtungen.
Serie "Ora et labora – Spiritualität im Klostergarten", Teil 3 von 4
Ausgabe: 2015/26, Franziskanerinnen, Kloster, ora et labora, Samen, Gemüse, Klostergarten
23.06.2015
- Judith Jandrinitsch
Es ist eine stattliche Fläche, die im Garten des Frauenkirchner Franziskanerklosters für den Gemüseanbau vorgesehen ist. Wer genauer hinschaut bemerkt einen schmalen gepflasterten Weg, der zwei Beet-Flächen voneinander abgrenzt. „Dieser Teil hier ist für uns Franziskaner reserviert“, erklärt Pater Thomas, „den anderen Teil bewirtschaftet Mutter Marcelina mit Sr. Amala und Sr. Rani“. Die praktische Gartenarbeit erledigt Herr Istvan für die Franziskaner-Patres, nach dem Bruder Elias festgelegt hat, wo welches Gemüse gepflanzt wird. Die Schwestern bestellen ihr Beet selbst. Im Gegensatz zu den Franziskanern, die bereits den ersten Salat geerntet haben, und wo das Grün der Karotten bereits zu sehen ist, müssen die Schwestern noch geduldig sein. Denn sie haben Samen für Gemüsesorten ausgestreut, die sonst eigentlich in ihrer indischen Heimat wachsen. Der Garten ist für die Schwestern des hl. Joseph von Tarbes ein ganz besonderer Ort. „Wenn wir uns im Garten befinden, kommen wir zur Ruhe, und in dieser Ruhe und Stille kommunizieren wir mit Gott“, erklärt Mutter Marcelina. Die Schwestern nutzen die gemeinsame Zeit der Gartenarbeit aber auch dazu, sich untereinander auszutauschen und über persönliche Erlebnisse zu sprechen. „Das hilft, dass wir wieder zu dem finden, was wirklich wichtig ist für uns, wir können bei der Gartenarbeit auch loslassen und entspannen“, erzählt Sr. Marcelina.
Entschädigung für die Mühe
Das frische Gemüse entschädigt die Schwestern für das oft mühevolle Jäten und Gießen, auch wenn heuer die Samen noch nicht so aufgegangen sind wie im Frühjahr des Vorjahres. Das hat der kühle, regnerische Mai verhindert, selbst die Chili-Schoten wagen sich heuer noch nicht aus der Erde, „aber wenn es wärmer wird, dann kommen sie bestimmt“, ist Sr. Marcelina überzeugt. Eine der Raritäten neben Samen von Okra-Schoten und indischen Kürbissen, die die Schwestern auf ihren Beeten angebaut haben, ist auch der Samen der hellen Auberginen-Sorte Brinjal, die laut den Schwestern geschmacklich viel intensiver ist als die hier bekannten violetten Melanzani. Die Schwestern wissen, dass es nicht alleine in ihrer Hand liegt, ob die Saat aufgeht. Trotzdem sind Pflege und Geduld wichtig, wenn neue Früchte gedeihen sollen, nicht nur in der Erde, sondern auch im Glauben. „Wie das Wachstum des Samens von vielen Faktoren abhängig ist, so soll auch unser Glaube durch Gebet, das Wort Gottes, die Sakramente und durch spirituelle Übungen gestärkt werden. Letztendlich ist das Wachstum dem Schöpfer überlassen“, erinnern die Schwestern. Wer will, dass der Samen aufgeht, braucht ein passendes Fleckchen Erde, wer den eigenen Glauben vermehren will, der muss Gott in seinem Leben Raum geben, „damit er in uns lebt und wirkt“, sind Sr. Rani und Sr. Marcelina überzeugt. „Wenn wir die Natur betrachten, staunen wir über die Werke Gottes, die uns jeden Tag von neuem begegnen. Wir erkennen die Spuren des lebendigen Gottes, wenn wir sehen, wie aus einem kleinen Samen ein großer Baum wird und Früchte trägt.“
Geben und Nehmen
Fixer Bestandteil des Klosterareals sind auch rund 40 Hühner, für die Bruder Elias verantwortlich ist. Die Achtung vor der Schöpfung, die ein Geben und Nehmen ist, zeigt sich hier: Wer im Kloster Eier erwirbt, bringt die Schalen wieder zurück, damit diese als Kalkquelle wieder unter das Hühnerfutter gemischt werden können.