Das alte Jahr ist mit schlimmen Meldungen zu Ende gegangen, das Neue hat auch nicht viel besser begonnen. Wer immer in den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr die Berichterstattung in Presse, Rundfunk und Fernsehen verfolgte, wurde mit Entführung, Flugzeugangriffen, dem Tod der australischen Regattateilnehmer, mit Flüchtlingstragödien und Bränden konfrontiert. Wie soll es angesichts negativer Sensationsmeldungen gelingen, am Beginn des Neuen Jahres optimistisch in die Zukunft zu blicken?Augen, Ohren, Mund, Herz und Hirn verschließen sind keine Lösung. Im Gegenteil, es wird gerade auf Herz und Hirn ankommen, die täglichen Schlagzeilen richtig zu bewerten.Tagelang war in der Vorwoche von den Toten einer Segelregatta vor der Küste Australiens die Rede. Über die Hunderten, die zur selben Zeit auf überfüllten Booten als Flüchtlinge in Richtung Sicherheit unterwegs waren, sprach kaum jemand. Jeder ungewollte Todesfall ist natürlich ein Drama für sich, aber ist es deshalb schon richtig, die ganze Welt damit zu befassen? Zehntausende Tote und Obdachlose nach dem Wirbelsturm Mitch in Mittelamerika sind keine Meldung mehr wert. Von der Jahrhundertüberschwemmung in den Karpaten vor wenigen Wochen war überhaupt kaum etwas zu hören. Beispiele für mangelndes Augenmaß gibt es viele. Heute ist die Welt ein gigantisches Informationsnetz. Doch Verwirrung und Orientierungslosigkeit waren nie so groß wie heute. Stünde zur Jahrtausendwende ein Wunsch für die Erde frei, ich würde schlicht ums rechte Augenmaß bitten. Denn das ist unserer hochmodernen Zeit abhanden gekommen.