Mit der Taufe beginnt das Hineinwachsen in den Glauben in die KircheSerie: Mit Kindern Gott entdecken
Ausgabe: 1999/22, Mit Kindern Gott entdecken, Taufe
01.06.1999 - Heide Staltner-Kix
„Warum ist es wichtig, zur Gemeinschaft der Freunde Jesu zu gehören?“ Mit dieser Frage stellen Kinder auch den Glauben der Eltern auf den „Prüfstand“.
Als wir vor einiger Zeit das Video mit der Taufe unseres Sohnes Stephan ansahen, fragte dieser, was denn das sei, die Taufe. „Ein Fest in der Kirche“ antwortete ich zunächst, und dann weiter: „Dein Papa und ich glauben, daß Jesus uns sehr gern hat und daß es gut und wichtig für uns ist, wenn wir zu ihm gehören. Deshalb wollten wir, daß auch du zu den Freunden von Jesus dazugehörst. Bei deiner Taufe bist du ein Jesusfreund geworden.“ Wäre Stephan ein bißchen älter, so hätte ich mich bei der Formulierung schon etwas leichter getan und auch von „Gemeinschaft der Christen/innen“ und ähnlichem sprechen können. Wahrscheinlich wäre aber auch die Frage nach dem Sinn bei ihm hinzugekommen; die Frage, warum es so wichtig sei, zu dieser Gemeinschaft der Christen/innen zu gehören. Diese Frage muß ich mir wohl aber auch jetzt schon stellen, soll mein Reden von den „Jesusfreunden“ nicht zu einer inhaltsleeren Worthülse verkommen. Schließlich ist mit der Taufe nur ein Anfang gemacht, ein Anfang in dieser freundschaftlichen Beziehung zu Jesus. Diese Beziehung zur Entfaltung zu bringen, ist vorerst meine/unsere (Erziehungs-)Aufgabe, später (ansatzweise aber auch jetzt schon) wird sie für Stephan zu einer je neu zu gestaltenden Lebensrealität werden.
Das Beispiel der Eltern
Wie sich diese Beziehung gestalten läßt, was das Spezifische eines Jesusfreundes ausmacht, lernt Stephan zunächst von uns, seinen Eltern, aber letztlich auch von anderen Christinnen und Christen, die ihm in der Gemeinde, in der Liturgie . . . auf ihre je eigene Weise begegnen. Wesentlich erscheint mir dabei, daß wir als Eltern den getauften Kindern ein Vorbild des Glaubens leben. Wenn wir ihnen über die Eigenschaften eines Jesusfreundes nur predigen, so wird dies höchstwahrscheinlich beim anderen Ohr wieder hinaus gehen. Leben wir selbst geprägt von unserem Freund und Bruder Jesus Christus, so lernen die Kinder viel eher und fast „nebenbei“, was es bedeutet, „ein Jesusfreund zu sein“.
Erziehen ohne Gewalt
Als Getaufte gehören wir zu einer großen Gemeinschaft von Menschen, denen allen die gleiche Würde verliehen ist. Das heißt, alle rassischen, gesellschaftlichen oder geschlechtsbezogenen Unterschiede sind relativiert. Dies ist zwar nicht primär eine Errungenschaft der Taufe, aber diese beruft und verpflichtet uns besonders zu einem Leben als Menschenfreund: Männer stehen dann nicht über Frauen, ein Würdenträger trägt nicht mehr Würde als ein Bettler, ein Gesunder ist nicht mehr wert als ein Kranker/Behinderter, und auch die Nationalität ist keine Auszeichnung höherer Würde. Ein Hineinwachsen in den Lebensweg Christi bedeutet für mich als Mutter in erster Linie eine Erziehung gegen jedwede Form von Gewalt. Das bedeutet in erster Linie wiederum, daß ich mich selbst bemühe, wie Jesus einen Weg der Gewaltfreiheit zu gehen, auch in der Erziehung. Obwohl ich dabei immer wieder an meine eigenen Grenzen stoße, halte ich diesen mühsameren Weg für den richtigen.
Nicht allein auf dem Weg
Eine unterstützende Kraft in dieser schwierigen Aufgabe erfahre ich durch Stephans Patin und Paten, die ihr Amt mit großer Liebe und großem Ernst wahrnehmen. Schon bei der Tauffeier stehen die Taufpaten nicht nur für sich selbst, sondern symbolisieren auch die größere Gemeinschaft der Kirche, jener Menschen, die immer wieder neu versuchen, ihre Freundschaft mit Jesus zu bezeugen und zu leben. Gerade daß das Kind auch von anderen Menschen als den Eltern gelebten Glauben erfährt, dafür sind die Paten Bürgen. Für mich bedeutet dies auch, daß eine gute Beziehung zwischen den Paten und dem Kind wichtig ist, damit sie einander gut kennen und die Paten das Kind in allen möglichen Lebenslagen und -fragen unterstützen und ihm helfen können. „Mama, schau, da is’ ja auch die Godi und der Göd!“ stößt Stephan voller Begeisterung und erstaunt hervor. „Ja, freilich“, antworte ich, „weißt du, deine Godi und dein Göd sind erst Godi und Göd seit deiner Taufe. Da hat dich nämlich deine Godi gehalten, als du mit dem Wasser getauft worden bist, und sie und dein Göd haben dabei versprochen, daß sie sich auch immer um dich kümmern werden, so ähnlich wie Papa und ich, oder deine Omas und Opas. Sie wollen für dich da sein. Sie sind auch Jesusfreunde.“
Programm einer Erziehung
Fast so etwas wie ein Programm einer Erziehung aus christlichem Geist bildet für mich untenstehender Liedtext (in Auswahl) von Bettina Wegner:
Sind so kleine Hände, winzge Finger dran. Darf man nie drauf schlagen, die zerbrechen dann. Sind so kleine Füße, mit so kleinen Zehn. Darf man nie drauftreten, können sonst nicht gehen. Sind so kleine Ohren, scharf, und – ihr erlaubt. Darf man nie zerbrüllen, werden davon taub. Sind so kleine Seelen, offen und ganz frei. Darf man niemals quälen, gehn kaputt dabei. Ist son kleines Rückgrat, sieht man fast noch nicht. Darf man niemals beugen, weil es sonst zerbricht. Grade, klare Menschen wärn ein schönes Ziel. Leute ohne Rückgrat habn wir schon zuviel.