Die östlichste Pfarre der Diözese Linz setzt ganz auf Integration
Ausgabe: 1999/42, Waldhausen
19.10.1999 - Matthäus Fellinger
Vier Stunden Weg zur und von der Arbeit täglich nehmen etliche Waldhauser auf sich. Trotzdem: Auch die Jungen bleiben lieber hier.
Wer die engen Kurven von St. Nikola hinauf nach Waldhausen fährt, weiß um die Erschwernisse, welche die über 600 Pendler der 2.800 Einwohner zählenden östlichsten Pfarre im Diözesangebiet auf sich nehmen müssen. Doch die Menschen auf diesem geschichtsträchtigen Boden lieben ihre Heimat. Rund 400 Häuser wurden in den letzten 20 Jahren hier gebaut, denn trotz aller Nachteile ziehen es auch die Jungen vor, hier zu bleiben. Und nicht nur sie: Weil die Bevölkerung Fremden gegenüber sehr aufgeschlossen ist, haben sich etliche derer, die als Flüchtlinge hierhergekommen sind, hier niedergelassen. Mit dem Fremdenverkehr geht es in der traumhaft schönen Gegend zurück. Dafür beherbergt Waldhausen immer wieder Menschen, die ihre Heimat verloren haben. In der Pfarre leben Leute aus dem Kosovo und aus Uganda, aus Afghanistan ebenso wie aus dem Irak, aus Tschechien wie aus Polen. Jeden Sommer feiert ein afrikanischer Gastseelsorger mit der Pfarre die Gottesdienste.
Erste Integrationsschulen
In der Stiftskirche regt seit dem Dekanatsjubiläum 1997 eine russische Ikone zur Andacht an. Zu Ostern feiert die Pfarre das jüdische Sederfest. So versucht die Pfarre, Verbindung unter Kulturen und Religionen zu schaffen.„Mut zum Aufbruch“ lautete das Leitmotiv des Dekanatsjubiläums vor zwei Jahren, als man 850 Jahre seit der Gründung des Stiftes gefeiert hat. Es ist ein Aufbrechen auch zu Menschen, die ganz in der Nähe leben. Zum Beispiel behinderte Kinder.„Integration“ ist in Waldhausen schon lange kein Fremdwort mehr. Die Volks- und Hauptschule Waldhausen gehörten zu den ersten im Land, an denen es Integrationsklassen mit behinderten und nicht behinderten Kindern gab. Ebenso liegt im Pfarrgebiet ein Therapiezentrum für Schwerstbehinderte. Aus dem ganzen Land kommen Eltern mit ihren Kindern zur Therapie nach Waldhausen.Ganz neu versuchen Pfarre und Gemeinde nun auch, die alten Menschen im Ort zu behalten. „Betreubares Wohnen“ lautete das Stichwort dazu. Wenn sich genügend Interessierte finden, könnten im ehemaligen Stiftsgebäude nach der Landesausstellung im Jahr 2002 Senioren mit der Gewissheit, dass sie hier bei Bedarf Betreuung haben können, wohnen – und so im Ort bleiben. Schon jetzt treffen sich Senioren monatlich zu einem „Plauscherl im Stift“. Ohne großes Programm geht es dabei schlicht um Begegnung.
Steckbrief: Auf und Ab
Am 16. Mai das Jahres 1147 hat Otto von Machland die Stiftungsurkunde für das Kloster Waldhausen unterzeichnet. Aus dem Schwarzwald kamen die Augustiner Chorherren und brachten das romanisch-gotisch erbaute Stift bald zur Blüte.Nach dem 30-jährigen Krieg errichtete der gebürtige Waldhauser Propst Laurentius Voss eine neue barocke Stiftsanlage. Zu groß – denn in der Zeit der Aufklärung wurde das Stift zur Baulast und es kam der Niedergang, der in der Aufhebung des Stiftes 1792 mündete. Die neu gegründete Diözese Linz erhielt Grund und Boden des Stiftes, dem Domkapitel wurde die Verwaltung des Besitztes übertragen. Mit knapper Mühe konnten Bauern damals die herrliche barocke Stiftskirche vor dem Abbruch retten. Vom Stift ist nur noch ein Rest vorhanden. Waldhausen ist wegen seiner guten Infrastruktur ein wichtiges Zentrum der Region. Spätestens nach der Hauptschule heißt es jedoch für Jugendliche Auspendeln. Auf der anderen Seite kommen viele Jugendliche nach Waldhausen zu Ferienwochen im Stift. Ein Badesee, der frühere Fischteich des Klosters, lockt im Sommer Gäste an.