Der Name Schlierbach weckt viele Assoziationen. Die einen denken an das bekannte Stifts-gymnasium, andere an den würzigen Klosterkäse, wieder andere an moderne Kunstwerke aus der Glasmalerei.
Neben all diesen Berühmtheiten gibt es auch das ganz normalen Alltag einer Landgemeinde, die freilich seit Jahrhunderten vom Zisterzienserstift geprägt ist. Rund 130 Menschen aus der Umgebung bietet das Kloster heute einen Arbeitsplatz. Viele Familien haben in den letzten Jahrzehnten ihre Häuser auf Grundstücken gebaut, die einst zum Stift gehörten. Die Zukunft der Pfarre, vor allem der Betreuung der Filialkirchen Sautern und Oberschlierbach, hängt eng mit der weiteren Personalentwicklung im Stift zusammen. Derzeit ist Diakon P. Nikolaus Thiel, der im kommenden Jahr zum Priester geweiht werden soll, der einzige Schlierbacher Zisterzienser unter 40 Jahren. Von der vorletzten Abtwahl im Jahr 1983 bis zur letzten im Jahr 1998 halbierte sich die Zahl der Mitbrüder. Derzeit zählt der Konvent 23 Mitglieder. Im Pfarrgemeinderat hat man dieses Thema zwar bereits angesprochen, von Resignation kann aber keine Rede sein.
Niedersitzen und Aufbrechen
Die dörfliche Gemeinschaft scheint hier gut zu funktionieren. Ein Beispiel: Familien treffen sich zu Adventrunden. Im Nachklang der Pyhrn-Eisenwurzen-Landesausstellung (1998) erlebt das Projekt „Zamsitzen“, bei dem sich kleine Runden über ein Thema austauschten, eine Neuauflage. Zum erstenmal wurden im Sommer 1999 auch zu Maiandachten in den Ortschaften eingeladen, was bisher keine Tradition hatte.
Seit langem hingegen hat das Aufbrechen Tradition, genauer gesagt das Aufbrechen zur Wallfahrt. Jedes Jahr im Oktober fahren Gruppen aus allen vom Stift Schlierbach betreuten Pfarren nach Frauenberg/Steiermark – 600 Personen insgesamt! Und von Schlierbach aus pilgert man jährlich am Sonntag nach Maria Heimsuchung (2. Juli) zu Fuß die 13 Kilometer lange Strecke zur „Mutter vom guten Rat“ auf die Burg Altpernstein bei Micheldorf.
Steckbrief
Schlierbach liegt an einem sanften Hügel im oberen Kremstal. In den Jahrhunderten nach der ersten urkundlichen Erwähnung (903) verschmolz die Herrschaft Pernstein mit der Burg Schlierbach. Wegen der Jakobskapelle dieser Burg ist bis heute St. Jakobus der Schlierbacher Pfarrpatron. 1355 gründeten Eberhard von Wallsee, Hauptmann ob der Enns und seine Gattin Anna hier ein Zisterzienserinnenkloster. 1655, in den Wirren der Reformation, löste sich dieses Kloster auf. Auf kaiserlichen Wunsch wurde das leerstehende Stift Schlierbach von Zisterziensermönchen des Stiftes Rein in der Steiermark 1620 wieder besiedelt. Die Mönche übernahmen die Seelsorge in neun Pfarren und sorgten für den Neubau des Klosters. Mit den Arbeiten wurde die Großfamilie des italienischen Barockbaumeisters Carlo Carlone beauftragt. Kirchweihe der Stifts- und zugleich Pfarrkirche war am 23. September 1726 durch den Bischof von Passau, der bei dieser Gelegenheit an 8992 Gläubige das Sakrament der Firmung spendete. Kirchenrechtlich errichtet wurde die Pfarre mit heute rund 2100 Katholiken im Jahr 1784. Zur Pfarre gehören auch die Filialkirchen Sautern und Oberschlierbach. Pfarrer ist seit 1992 P. Robert Roidinger, als Pfarrgemeinderatsobmann fungiert Dr. Josef Reiter.
Liturgie als Mittelpunkt
Stiftskirche Schlierbach: Eisige Temperatur, aber herzerwärmende Kunst An feierlicher liturgischer Gestaltung mangelt es in Schlierbach nicht. Doch die prächtige Stiftskirche muss auch erhalten werden.
„Im Winter ist es schon eine Überwindung,“ sagt eine Schlierbacherin und meint damit die Kälte in der Stiftskirche. Zwei Grad über Null sind keine Seltenheit und der Einbau einer Heizung ist schon aus denkmalschützerischen Gründen undenkbar. Für die Wochentagsmessen hat man sich abgeholfen und bereits 1974 in der ehemaligen Leichenkammer eine Werktagskapelle eingerichtet.
Und an Sonntagen gilt es eben, sich warm anzuziehen oder die reichen barocken Stuckarbeiten zu betrachten und wirken zu lassen. Die Engel und Putten, die Früchte, Blumen und Blätter zeugen von solcher Kunstfertigkeit, dass einem warm ums Herz werden könnte. Konzipiert ist das Gotteshaus als Marienkirche, das Hochaltarbild zeigt die Himmelfahrt Mariens.
Wer in Schlierbach lebt, ist den Anblick dieser Schönheit gewohnt. Für die 25.000 Gäste pro Jahr ist der Besuch der Kirche sicher ein Höhepunkt. Nicht wenige auswärtige Paare wählen Schlierbach als Hochzeits- oder Taufkirche aus. Weil die Kirche zugleich Stiftskirche ist, hat die Pfarre vielleicht weniger emotionalen Bezug zu ihrer Kirche, als es anderswo der Fall ist. Man weiß, dass Pfarre und Stift sich gemeinsam um die Erhaltung kümmern müssen.
Abwechslungsreiche musikalische Gottesdienstgestaltung oder die festliche Liturgie an Hochfesten mit Abt Altmann Hofinger sind gehören in Schlierbach einfach dazu. Aber nicht nur auf äußere Elemente wird Wert gelegt. So werden beispielsweise im Advent und in der Fastenzeit thematische Predigtreihen angeboten.
Pfarrsplitter
Seniorentag Der Sozialkreis sorgt nicht nur für die Besuche von kranken und alten Menschen sondern gestaltet auch jedes Jahr den Seniorentag. Beim Gottesdienst wird auch das Sakrament der Krankensalbung gespendet. Große Betroffenheit löste dieser Tag 1998 aus, als während des Gottesdienstes ein Mitfeiernder verstarb.
Geteilter Dank Jährlich feiert die Pfarre am Erntedanksonntag auch das Pfarrfest im Theatersaal des Stiftes. Das Erntedankopfer wird nicht im Ort behalten, sondern mit dem Kloster Jequitiba in Brasilien (eine Schlierbacher Gründung) bzw. mit der gebürtigen Schliebacherin Sr. Bertholde Polterauer (Foto) geteilt. Sr. Bertholde lebt und arbeitet in Zimbabwe.
Volles Haus Schon jetzt freuen sich die Schlierbacher Kinder wieder auf den Kinderfasching im Stiftskeller. Vorbereitet wird dieser Nachmittag – ebenso wie eine gemeinsame Nikolausfeier und das Erstkommunionffrühstück – vom Fachausschuss Ehe und Familie des Pfarrgemeinderates.