Immer wieder erlebe ich, dass Menschen abzulenken versuchen, wenn andere von einem Todesfall, einem Unglück … erzählen. Sie sagen dann: „Habt ihr nichts Erfreulicheres zu reden?“ oder sie unterbrechen auf andere Art und Weise das Gespräch. In unserem Abendgebet, mein Mann und ich beten meistens gemeinsam, sind Fürbitten ein fester Bestandteil. Wir beten für Menschen, lebende und verstorbene, die uns am Herzen liegen, an die wir aus irgendeinem Anlass denken, für Menschen, mit denen wir sehr herzlich oder auch leidvoll verbunden sind.
Ich denke, dass ich andere anhören kann, ihre Sorgen und Nöte wahrnehmen kann. Dass ich Leid und Tod nicht wegschieben und verdrängen muss, hängt auch damit zusammen, dass ich all das, was an Leidvollem auf mich zukommt, am Abend vor Gott bringen kann, dass ich diese Menschen Gott anvertrauen kann. Ich muss nicht machen, dass es ihnen besser geht. „Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen …“ – auch Jesus betet für andere. Im Johannesevangelium betet Jesus kurz vor seinem Tod, unmittelbar vor seiner Verhaftung, für seine Jünger, für die, die mit ihm gegangen sind und die er jetzt zurücklassen muss. Er vertraut sie seinem Vater an.
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen …“ Der Name drückt in der Bibel das Wesen aus. Jesus hätte auch sagen können: Bewahre sie in dem, der du bist. Im Alten Testament hat Gott Mose auf die Frage nach seinem Namen geantwortet: „Ich bin der Ich-bin-da.“ Der Name Gottes ist eigentlich schon Bewahrung. Wenn ich den Kindern am Morgen mit Weihwasser ein Kreuz auf die Stirn mache und sie so „in Gottes Namen“ aus dem Haus gehen, dann bedeutet das: Gott ist da. Er bewahrt dich in seinem Dasein, er behütet dich, indem er da ist, mit dir ist. In unseren Gottesdiensten wird in den Fürbitten meist darum gebetet, dass dies und jenes für andere eintritt. Das sind unsere Wünsche und Vorstellungen. Ich erlebe das oft so, als würden wir Gott damit einschränken. Gott bewahrt uns in seinem Dasein. Diesem Gott vertrauen wir andere Menschen und uns selber an. Das genügt.
In deinem Namen bewahren“ ist nichts anderes als „vor dem Bösen bewahren“, davor, getrennt von Gott zu sein, nicht in Verbindung mit ihm zu leben. In dieser Verbindung leben heisst, mich mit dem Namen Gottes vertraut machen, mich damit vertraut machen, dass Gott da ist, den Mut haben, jeden Tag in Gottes Namen zu beginnen. Ja, Du bist da. Das ist die Quelle, aus der wir leben. Ich brauche Leid und Tod nicht mehr auszuweichen, ich kann andere mit ihren Sorgen und Nöten anhören. In Gottes Namen.