Haben Sie schon einmal etwas geerbt? Erbschaften können belastend sein, was tun mit all dem, was mir jemand hinterlässt oder vermacht? Um Erb-schaften wird viel gestritten, Familien entzweien sich. Erbschaften kann man annehmen oder ablehnen. Erbschaften werden als Druckmittel eingesetzt, um abhängig zu halten: Ich enterbe dich, wenn du …
Paulus spricht im Römerbrief davon, dass wir Kinder Gottes sind. „Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi.“ Kinder beerben ihre Eltern. Wenn es nicht anders verfügt ist, dann teilen sich die Geschwister das Erbe. Jeder bekommt seinen Anteil. So ist es auch mit uns und Christus. Weil er unser Bruder ist, erben wir in Gemeinschaft mit ihm. Was aber ist Gottes Erbe? Was erben wir von Gott? Was hinterlässt er uns? Im Griechischen heißt Erbe wörtlich „seinen Anteil empfangend“. Gott gibt uns Anteil an ihm, er schenkt uns seinen Geist. Am Dreifaltigkeitssonntag hören wir von Paulus, dass dieser Geist uns zu Söhnen und Töchtern macht, dass wir in diesem Geist „Abba, Vater“ rufen können. Das ist die Anrede kindlichen Vertrauens, so hat auch Jesus Gott angeredet. Wir dürfen nicht bei dem stehen bleiben, was wir aus eigener Erfahrung mit „Vater“ verbinden. Der Name „Vater“ bezeichnet, was Gott für Jesus war.
Ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch noch immer fürchten müsstet“, fürchten davor, dass Gott kein Erbarmen mit uns hat, fürchten davor, die Zuwendung anderer zu verlieren … Sehr oft lassen wir uns etwas gefallen, machen den Mund nicht auf, um den Erwartungen anderer – Eltern, PartnerIn, Vorgesetzte …– zu entsprechen und so ihre Zuwendung zu er-halten. Das macht uns abhängig, unfrei, das macht uns in einem bestimmten Sinn zu Sklaven. Paulus spricht wörtlich vom „Geist der Knechtschaft“ im Unterschied zum „Geist der Annahme“. Wenn wir uns auch von anderen nicht angenommen wissen, Gott nimmt uns an als Tochter, als Sohn. In diesem Geist können wir uns aufrichten, befreien von all dem, was uns knechtet, niederdrückt, gefangen hält, demütigt.
Erbschaften werden angenommen, wenn sie Gewinn bringen, Geld, materiellen Wohlstand. Was ist der Gewinn aus Gottes Erbschaft (im Griechischen kann das Wort für „empfangen“ übrigens auch gewinnen heißen)? Im Nachlass steht (vgl. Röm 8, 14–17): „Wir erben Freiheit und Liebe.“ Gott will uns nicht vereinnahmen und abhängig machen. Gottes Erbschaft macht uns frei, frei zu leben und frei zu lieben. Die Frage nach Pfingsten kann nur sein: Treten wir diese Erbschaft an?