Ausgabe: 2001/47, St. Marienkirchen bei Schärding, Pfarrreportage
20.11.2001 - Matthäus Fellinger
Am kommenden Sonntag feiert ganz St. Marienkirchen bei Schärding – mit gutem Grund: Das Pfarrzentrum ist fertig.
Jungschar – Jugend – Frauen. Erika Reinthaler hat eine richtige Kirchenkarriere hinter sich. Und sie steht bis heute mitten drinnen. Mit den 85 Mitgliedern der Frauenbewegung, als Lektorin und Wortgottesdienst-Leiterin prägt Kirche ihr Leben deutlich mit. „Ich mache es gerne“, erzählt sie. Bei Anneliese Jakob ist es ähnlich. Die Freizeit gehörte schon in ihrer Jugend der Pfarre. „Die Mama war Mesnerin und hat mich zum Kirchenputzen immer mitgenommen.“ Mit Sägespänen haben sie damals den Boden gescheuert. So ist das Kind in die Pfarre hineingewachsen. Mit Beruf und Familie hat sie einiges zurückgelegt. „Behalten“ hat die Lehrerin die Bibliothek – gemeinsam von Pfarre, Gemeinde und Schule getragen. In kommenden Generationen werden solche „Kirchenlaufbahnen“ selten sein. „Die Kinder und Jugendlichen sind so etwas wie Auswahlchristen“, meint Anneliese Jakob. „Sie gehen zur Messe, wenn etwas Besonderes geboten wird, wenn sie sich angesprochen wissen“ – denn auch Kinder haben viele „Geschäfte“. 21 Kinder umfasst die Minist-rantengruppe. Eine lebendige Jungschargruppe gibt es ebenso. Bei der Jugend ist die „Landjugend“ aktiv. Sie lässt sich auch für Pfarrliches ansprechen. Familie Hechinger hat drei Kinder. Da wollten sie, dass diese sich auch in der Pfarre beheimatet fühlten. Die Initiative Kindermessen entstand. Einmal im Monat gibt es seit einem Jahrzehnt einen für Kinder und deren Familien gestalteten Gottesdienst. Sogar ein eigenes Liederbuch wurde dafür ausgearbeitet. „Es hat sich immer was ergeben“, meint schmunzelnd JosefSchmolz. Er hat seine Pfarrlaufbahn mit neun als Ministrant und Vorleser begonnen, heute ist er stellvertretender Obmann im Pfarrgemeinderat. Dass es heute keine eigene Pfarrjugend gibt, schmerzt den ehemaligen Jugendführer doch einigermaßen. Doch auch Jugendliche sollten sich in der Pfarre wieder stärker beheimatet fühlen.
Steckbrief:
Auf altem Boden
Auf dem Naturerlebnisweg „Unterer Inn“ lässt sich St. Marienkirchen bei Schärding ebenso erreichen wie auf der Autobahn mit dem Grenzübergang Suben. Letztere hat die Gemeinde zum gefragten Standort für Wirtschaftsbetriebe gemacht. Drei Feuerwehren, 31 Vereine, 27 Betriebe, die 262 Arbeitsplätze bieten – und eine landwirtschaftliche Grundstruktur. Das ist St. Marienkirchen heute. Gasthäuser und andere Nahversorger bewirken, dass der Ort alles andere als nur Schlafstatt für Pendler ist. Die Geschichte reicht in die vorchristliche Zeit zurück. Hügelgräber im Lindetwald bezeugen, dass hier schon in der Keltenzeit reges Leben herrschte. Aus der Römerzeit wurde ein Ziegelofen ausgegraben. Die jetzige Kirche wurde ab 1502 gebaut. Seit 1581 hat St. Marienkirchen einen eigenen Pfarrer. Heute zählt die Pfarre 1800 Katholiken. Aus St. Marienkirchen stammt der bekannte Dichter Richard Billinger.
Bischof Aichern segnet das Pfarrheim
Der kommende Sonntag, 25. November, ist Festtag in St. Marienkirchen. Das Pfarrheim ist fertig und Bischof Maximilian Aichern wird das Haus segnen. Es bietet nun Raum für die geistlichen und kulturellen Aktivitäten der Pfarre. Zweckmäßige Räume und eine Bühne werden dem ganzen Ort zugute kommen.
Alois Bachmayer hat einen ungewöhnlichen Zugang zur Pfarre gefunden. „Warum gibt es in der Pfarre kein Bildungswerk?“, fragte er einmal den Pfarrer. Da hatte er es auch schon – als Leiter. Im Bildungswerk gilt es die richtige Mischung zu finden. Gefragt sind zum Beispiel Exkursionen – wie in die Kneipp-Anstalt in Schärding.
Engagement gibt es viel in St. Marienkirchen. Josef Grünberger hat sich nicht nur ums Elektrische und um Haustechnik im neuen Heim gekümmert. Von ihm stammen auch die Bilder der heimischen Kapellen und Marterl, die jetzt im Heim ausgestellt sind. Auch Rosemarie Fischer wurde vom Pfarrer angesprochen. Rund 40 aktive Mitglieder zählt ihre Jungmütterrunde. Die „gewachsene Gemeinschaft“ beeindruckt Zugeheiratete in St. Marienkirchen besonders.
Hinter dem vielfältigen Engagement der Laien steckt ein Pfarrer, der seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eben viel zutraut. Seit 1977 ist KonsR Johann Loidl in der Pfarre, seit 1980 als Pfarrer. Talente, die er bei seinen Leuten entdeckt, weiß er zu wecken und zu fördern: für die Gottesdienstgestaltung, für die Gestaltung von Maiandachten in den Ortschaften und vieles mehr. „Dass aus einer versorgten eine mitsorgende Gemeinde wird, die in eigener Verantwortung Aufgaben übernimmt“, ist Ziel des ruhigen, bescheidenen und dennoch sehr zielbewusst handelnden Seel-sorgers.
Wussten Sie, dass ...?
Zu Advent und Weihnacht wird viel gesungen und gespielt. Und der Text stammt von einem St. Marienkirchener: Das bekannte Herbergssuche-Lied „St. Josef geht von Tür zu Tür“ wurde vom früheren Pfarrer Josef Vösenhuber verfasst und ist von hier aus in den deutschsprachigen Raum hinaus gegangen.
Pfarrsplitter:
Creaktiv
Der Kinder- und Jugendchor „Creaktiv“ um Ernst Ranftl und Klaus Zajonkowski ist nicht nur musikalisch aktiv. Er singt und handelt beispielsweise für kriegsverletzte Kinder oder für Roma in der Ukraine. Kirchenzeitungsleser/innen kennen den Jugendchor: Im Jahr 2000 gab es für ihn einen Solidaritätspreis der Kirchenzeitung.
Kirchenmusik
Sie leitet die Männer-Sänger-runde, spielt Orgel und dirigiert auch den Kirchenchor. Johanna Franz ist ganz Musikerin. Drei Messen hat sie bereits komponiert. Beim Orgelspiel kann die Pfarre auf ein vierköpfiges Team bauen. Leopoldine Hochreiter ist mit ihren 88 Jahren die Älteste im Team.
International
Mit der Pfarre St. Ursula in Radom (Polen) besteht eine Pfarr-Patenschaft. Pfarrer Loidl holt immer auch Aushilfspriester, etwa aus Indien oder aus Afrika, weil ihm die Begegnung mit anderen Regionen auf der Erde wichtig ist. Die Ferienaktion für weißrussische Kinder stand ebenfalls unter diesem Gedanken. Eine Patenschaft besteht ebenso mit Stamsried in der Oberpfalz. Die Chorgemeinschaft Creaktiv trägt durch ihre Zusammenarbeit mit „Friedensdorf International“ auch dazu bei.