Für Jesus, die ersten Christen und Christinnen war das Alte Testament schlicht und einfach „die Schrift“, das Wort Gottes.
In den nächsten Wochen soll an dieser Stelle eine kleine Serie von Artikeln Platz finden, die insgesamt die Absicht verfolgen, das Alte Testament und damit seinen eigentlichen Autor, nämlich Gott selbst, zu loben. Dieses Lob des Alten Testaments kann vielfach begründet werden. Da wäre einmal ein eher geschichtlicher Grund: Für Jesus selbst, die ersten ChristInnen und die AutorInnen des Neuen Testaments war es schlicht und einfach „die Schrift“, also ihre Bibel.
Ein höchst aktuelles Buch
Dazu kommen natürlich gegenwartsbezogene Gründe: Mir scheint das Alte Testament höchst aktuell zu sein in seiner Beurteilung von Welt und Gesellschaft, aber auch in seiner Kapazität, Lösungswege für Probleme unserer Tage aufzuzeigen, z. B. Auswege aus dem ungeheuren Drama der Gewaltverfallenheit unserer Welt. Weil in dieser kleinen Serie nicht die ganze Bibel Platz haben kann, wähle ich Elemente aus, die mir persönlich wichtig geworden sind, mir ans Herz gewachsen sind in nunmehr Jahrzehnte langer Beschäftigung mit dem Alten Testament. Ich kann von mir sagen, dass ich die Bibel insgesamt und vor allem das Alte Testament als seinen ersten Teil schätzen und lieben gelernt habe. Im Laufe meines Theologiestudiums, aber auch in meiner Tätigkeit als Religionslehrer sowie in der kirchlichen Erwachsenenbildung ist mir die Gnade widerfahren, immer tiefer in die heilige Schrift eintauchen zu dürfen. Voll Freude und Dankbarkeit blicke ich auf viele Kurse zurück, in denen ich als Leiter den Eindruck gewinnen durfte, dass auch die KursteilnehmerInnen in der Liebe zur Heiligen Schrift als Wort Gottes gewachsen sind. Meine Erfahrung sagt mir, dass die sachliche Beschäftigung mit den Texten der Schrift, die häufig unverständlich erscheinen und daher Mühe bereiten, ein durchaus geeigneter Weg dahin ist, nicht nur mehr zu verstehen, sondern auch in der Wertschätzung und Liebe zum Wort Gottes zu wachsen. Es ist mehr als nur eine Vorbereitung auf die Begegnung mit Jesus, den das Neue Testament als das Wort Gottes bezeugt.
Bibel damals – Leben heute
An inhaltlichen Schwerpunkten habe ich folgendes für diese kleine Serie ausgewählt: Verdeutlicht werden sollen vor allem das Gottesbild, das Menschenbild und die gesellschaftlichen Vorstellungen der Schriften des Alten Testaments. Innerhalb dieser Sammlung unterschiedlicher Schriften aus ganz verschiedenen Zeiten nehmen die ersten fünf Bücher, auch Pentateuch genannt, einen gewissen Vorrang ein. Beginnen soll die Serie daher mit den beiden Schöpfungserzählungen, zunächst Genesis 2, dann Genesis 1. Neben dem Gottes- und Menschenbild soll vor allem die existentielle Dimension dieser Texte herausgearbeitet werden. Ergänzt wird diese existentielle Dimension weiters um die soziale Perspektive, dargestellt am Sabbatgebot im dritten Teil und an der Exodusthematik im viertel Teil der Serie. Gott erscheint darin als der König, der sein Volk rettet, weil er es liebt (fünfter und sechster Teil). Mit der Rettung seines ausgebeuteten und geknechteten Volkes bricht die Gottesherrschaft an, die keine Herrschaft von Menschen über Menschen duldet. Jegliche Form von Gewalt soll aus der Gesellschaft, die auf Liebe basiert, verbannt werden, auch religiös verbrämte Formen, wie etwa die blutigen Opfer (siebterTeil). Für die Propheten ist Gott ein Gott der Liebe. Daher lehnt er jede Form der Opfer ab. An ihre Stelle sollen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit treten – eine wegweisende Herausforderung für unsere gewaltverfallene Welt. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern nicht nur ein vertieftes Verständnis der Heiligen Schrift, sondern auch das Wachstum der Liebe zu ihr.