Laienkongress „Christen am Bauplatz Europa“ zum Katholikentag
Ausgabe: 2004/22, Christen, Mariazell, laienkongress, Katholikentag, KA, Derschmidt
25.05.2004 - Hans Baumgartner
Die Christen dürfen bei der Gestaltung Europas nicht daneben stehen und sie müssen sich vernetzen, damit sie auch gehört werden. Das war der Tenor des Laienkongresses zum Katholikentag.
„Was steht ihr da und starrt zum Himmel?“ Diese Frage an die Jünger Jesu stellte auch Michel Camdessus am Christi Himmelfahrtstag an die 280 Teilnehmer/-innen aus zehn Ländern, die anlässlich des Mitteleuropäischen Katholikentages zu einem Laienkongress in Wien zusammengekommen waren. „Wir sollten uns auf den Weg machen.Wir sollten das vernetzt und gemeinsam tun, damit die Stimme der Christen in Europa gehört wird“, forderte der Vorsitzende der größten französischen Laienbewegung. „Wir sind noch nicht aufgestellt, noch zu wenig organisiert, um den Herausforderungen auf dem Bauplatz Europa als Christen gerecht zu werden“, betonte Camdessus. Deshalb begrüße er dieses Laientreffen, an dem erstmals so viele Vertreter/-innen aus Mittel-Osteuropa teilnehmen, sehr.
Europa braucht eine Seele
„Europa braucht eine Seele.“ Dieses Wort von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi wurde zu einem Leitmotiv für dieses Laientreffen. Bischof Maximilian Aichern macht in seinem Grußwort deutlich, worauf es dabei ankommt: „Bauen wir in Europa nur eine Lagerhalle oder einen Rangierbahnhof für die Wirtschaft, oder bauen wir einen Lebensraum für Millionen Menschen?“ Mit welchem Bauplan Christen an diesem Haus Europa mitarbeiten sollten, das zeigten Bischof Josef Homeyer, Präsident der EU-Bischofskommission, Hans Joachim Meyer vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und Michel Camdessus in ihren engagierten Referaten und Wortmeldungen auf. Es waren bewegende Plädoyers für ein Europa des Friedens und der Versöhnung, der Soildarität mit den Schwachen, für ein Europa, das sozial gerecht und umweltverträglich handelt, ein Europa, in dem die Menschenwürde als unverhandelbar geachtet wird und die Familie – den heutigen Lebensanforderungen entsprechend – gefördert wird, für ein Europa, das seine Versprechungen gegenüber den armen Ländern endlich einlöst. Europa erlebe heute eine geradezu historische Stunde, meinte Hans Joachim Meyer. Erstmals strebe die EU in ihrem Verfassungsentwurf über die pragmatische wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit hinaus eine europäische Wertegemeinschaft an. „Wir stehen am Beginn einer europäischen Gesellschaft. Und deshalb ist es wichtig, dass wir Christen mit aller Ernsthaftigkeit in dieses Projekt einsteigen“, betonte Meyer. „Wir Christen müssen begreifen, dass unser Engagement dauerhaft sein muss, damit in dieser europäischen Gesellschaft der Geist des Evangeliums präsent ist. Und wir müssen begreifen, dass es in unserer freiheitlich-pluralen Gesellschaft keinen anderen Weg als den des Dialogs gibt. Hier sind unser Sachverstand und unser überzeugendes Beispiel gleichermaßen gefordert“, meinte Meyer. Dieser Dialog sei kein Spaziergang, weil Katholiken in der Soziallehre und in ihren Grundwerten zwar eine gute Orientierungsschnur, aber keine Patentrezepte hätten. Und die Herausforderungen seien gewaltig, etwa die Frage des gerechten Umbaus des Sozialstaates angesichts der Bevölkerungs- und der Wirtschaftsentwicklungen.
Auf die Laien kommt es an
Bischof Josef Clemens vom Päpstlichen Laienrat unterstrich die Bedeutung des eigenständigen Beitrags der Laien an der Sendung der Kirche. Dazu bedürfe es auch entsprechender organisatorischer Strukturen, die in vielen exkommunistischen Ländern noch kaum vorhanden seien. Er gab zu, dass manche Bischöfe hier Ängste hätten und bat die Laien, mit Beharrlichkeit und Geduld den Aufbau von Laienorganisationen zu betreiben. Bischof Aichern betonte eindringlich, dass es bei der Gestaltung Europas auf die Laien ankomme. Und er sprach vielen aus dem Herzen, als er meinte: „Wir müssen Gottesdienst und Dienst für die Menschen verbinden.“
Zur Sache
Auf dem Weg
Zwischen Christen aus Ost und West, aber auch zwischen geistlichen Bewegungen (Movimenti) und den traditionellen Laienorganisationen gibt es oft recht unterschiedliche Auffassungen über das „Laienapostolat“. Beim Kongress „Christen am Bauplatz Europa“ haben Katholische Aktion, Laienrat, Fokulare und die Gemeinschaft Emmanuel eng zusammengearbeitet. „Unser Ziel, dass hier ein Austausch zwischen Laienorganisationen verschiedener Zielrichtungen und Färbungen passiert, dass wir aufeinander zugehen, Berührungsängste abbauen und einander schätzen lernen, ist in hohem Maß aufgegangen“, sagt die Präsidentin der Katholischen Aktion Luitgard Derschmidt. „Es war ein erster Schritt, der uns ermutigt, diesen Weg weiterzugehen, damit die Stimme der Christ/-innen in Europa deutlicher gehört wird. Die Teilnehmer/-innen haben das auch sehr stark gewünscht.“ Für ihn sei es keine Frage, dass Christen einen Auftrag haben, die Gesellschaft mitzugestalten. Und dazu habe dieser Kongress wertvolle Anregungen geliefert, meint Otto Neubauer von der Gemeinschaft Emmanuel. „Ich glaube, dass auch viele in den geistlichen Bewegungen bereit sind, die ,heißen Eisen‘ Europas anzugreifen. Das kam in den Arbeitsgruppen stark zum Tragen. Dass wir uns hier bei allen Unterschieden mit anderen Organisationen stärker vernetzen, ist notwendig. In Österreich gibt es dazu schon ermutigende Ansätze.“