Vor 51 Jahren ahnte Waltraud Herbsrith nicht, dass sie einmal im Karmel viel verändern wird. Deshalb spricht sie gerne davon, wo Jesus heute kommt.
Wenn die Karmelitin Waltraud Herbstrith in dieser Woche bei der Österreichischen Pastoraltagung von „Erfahrungen auf den Spuren der Spiritualität“ spricht, dann ist das für die erfahrene geistliche Begleiterin ein Lieblingsthema. Vor allem, weil sie nach 51 Jahren im Karmel darüber sehr persönlich spricht, „wo Jesus heute kommt“. Denn sie lebt aus der festen Überzeugung, dass Jesus ihr täglich als „Partner“ im Alltag begegnet. Sie nennt das „Charisma der Freundschaft mit Gott“, das ihre Ordensmutter Teresa von Avila geprägt hat. 500 Jahre später steht die Entdeckung dieses „teresianischen Menschenbildes“ jedoch noch am Anfang. Sr. Waltraud Herbstrith trägt besonders dazu bei. Einst im Kölner Karmel für die Ausbildung verantwortlich, wollte sie Teresas Spuren erschließen. Ihr „Aufbruch nach innen“, wie eines von Herbstriths Büchern heißt, hat zur Ordensreform im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils beigetragen.Dass „mein Leben einmal so spannend wird, das hat mir niemand gesagt“, meint Sr. Waltraud. Der Anstoß dazu kam von Rainer Maria Rilke, über den die Germanistin ihre Doktorarbeit geschrieben hat. „Die Frage ,Was tust Du für die Menschen?‘ hat mich nicht losgelassen.“ Die Idee, in der Gefängnisseelsorge freiwillig tätig sein zu dürfen, scheiterte zu Beginn der 50er Jahre an ihrem Frau-Sein. Im Karmel stieß sie dafür auf eine weitere junge Wissenschafterin, die sie bis heute bestimmt: Edith Stein. Waltraud Herbstrith ist nicht nur deren Biographin sondern auch Mitbegründerin des nach der Märtyrerin der NS-Zeit benannten Karmels in Tübingen.