Ausgabe: 2005/45, Kleine Schwestern Jesu, Franckviertel, Linz, Armut, Obdachlose, Hilfsarbeiterinnen
09.11.2005
- Josef Wallner
Die Kleinen Schwestern der Gemeinschaft im Linzer Franckviertel: Kl. Sr. Friederike (von links), Kl. Sr. Resi, Kl. Sr. Veronika.
Eine Klingel, an der man jederzeit anläuten kann, ein Holztisch, an dem immer ein Platz frei ist und eine Kapelle, in der eine kleine tönerne Figur, die Jesus in der Krippe darstellt, den Besuchern die Hände entgegenstreckt: das sind unverwechselbare Markenzeichen der „Kleinen Schwestern Jesu“.
Die dreiköpfige Gemeinschaft der Kleinen Schwestern in Linz lebt, wie es ihrem Ordensauftrag entspricht: in einer Mietwohnung. „Ja, das ist unser Milieu, das passt zu uns“, sagt die Kleine Schwester Veronika über das Franckviertel, in dem überwiegend in- und ausländische Arbeiterfamilien leben. Auch wenn die Schwestern nicht von Haustür zu Haustür gehen, um zu missionieren, wissen die Nachbarn dennoch, wer die Frauen in den jeansblauen Kleidern mit dem Holzkreuz auf der Brust sind. Mitten unter den Menschen zu leben und zu ihnen gut sein, darin sehen die Kleinen Schwestern ihre Sendung. „Apostolat der Freundschaft“ nennt diese Lebensform Charles de Foucauld, zu dessen geistlicher Familie die Kleinen Schwestern gehören.
Hilfsarbeiterinnen
Ihren Lebensunterhalt verdienen sich die Schwestern als Hilfarbeiterinnen. Kl. Sr. Resi arbeitet in einem Buchversand, Kl. Sr. Veronika ist seit Jahren bei der Post als Reinigungsfrau beschäftigt. Die Kl. Sr. Friederike ist in Pension und schaukelt den Haushalt. Aus Sicht der Arbeitskollegen/innen stehen die Schwestern für „die Kirche“. Als Kl. Sr. Veronika sich für ein erstes Treffen mit dem neuen Bischof Ludwig Schwarz freinehmen musste, meinte eine Kollegin: „Sag dem Bischof: Die von der Kirche sollen nicht so viel reden, hört’s mehr zu.“ Die Arbeit fördert die Achtsamkeit für die Not der Menschen, erlebt Kl. Sr. Veronika: „Arm sind nicht nur Obdachlose, es gibt viele Formen der Armut, die man schwer sieht.“
Ausgestreckte Arme
Obwohl die Kleinen Schwestern berufstätig sind, verstehen sich sich als beschaulicher Orden. „Es geht gar nicht anders, als mit dem Herrn in Verbindung zu sein“, meint Kl. Sr. Resi. Auch wenn sie es nicht in Worte fassen, erwarten die Menschen doch am meisten, dass man sie im Gebet mitnimmt: „Denn warum sonst würden sie so viel Persönliches von sich erzählen?“ In jeder Kapelle der weltweiten Gemeinschaft liegt eine Figur des Kindes aus Betlehem. „Die tiefe Verbindung zu Gott und zu den kleinen Leuten. Das ist unser Geschenk an die Kirche“, sagen die Kleinen Schwestern.
EINLADUNG
Seligsprechung
Charles des Foucauld ist eine bahnbrechende Gestalt des geistlichen Lebens für die heutige Zeit. Nach abenteuerlichen Jahren entdeckt er die Liebe Gottes. Sein Weg führt ihn schließlich in die Sahara, wo er als Priester unter Muslimen lebt und bei einem Überfall am 1. Dezember 1916 ermordert wird. Charles de Foucauld wird am 13. November 2005 in Rom selig gesprochen.