Bei Weihnachten, da tun alle mit. Punschstände und Adventmärkte haben Hochsaison, schließlich klingelt’s in den Kassen und in den Wohnzimmern – vielleicht noch die Mette, das Christentum, romantisch serviert und vom Turm geblasen – das Ziel ist erreicht. Doch wieder einmal haben wir uns gründlich missverstanden.
Abgehakt. Weihnachten ist schnell abgehakt, schnell noch ein paar Geschenke umtauschen, den Christbaumschmuck verstauen und erledigt ist die Sache. Das Christkind bleibt stecken in den Kinderschuhen. Es hat seine Schuldigkeit getan. Was könnte dies besser illustrieren als jene Krippendarstellung aus Eis, die ich vor einigen Jahren in Graz fotografiert habe. Wie gewonnen, so zerronnen! Zuerst sorgt es für Stimmung und Romantik, das Weihnachtsfest, doch das Ablaufdatum ist schon vorprogrammiert.
Weltfremd. Für den erwachsenen Jesus haben die meisten keine Verwendung. Ist er als Kind noch hold und lockigen Haares einer gebräuchlichen Beschreibung zufolge, nimmt er später ganz andere Züge an – Jesus, der mit den Reichen nichts am Hut hat, Jesus, der uns auffordert, sogar die Feinde zu lieben und im Fremden den Nächsten zu sehen – solche Ansichten sind meist schwer kompatibel mit einer satten unersättlichen Wohlstandsgesellschaft. Sozialromantik dieser Art ist halt ein bisschen weltfremd, die Welt gehört den Tüchtigen und um die Verlierer kümmert sich die Caritas. Sehen Sie, der Weihnachtsmann macht es uns da viel leichter. Der verduftet einfach, und pünktlich in einem Jahr kommt er wieder, stellt keine Ansprüche, ist pflegeleicht und auch, wenn er rot ist, von revolutionärem Gedankengut keine Spur.
Unbequem. Aber Jesus? Je mehr man sich mit dem beschäftigt, um so mehr wird er zur Herausforderung. Und es lassen sich viele Gründe finden, die mir nahe legen, ihn möglichst schnell wieder loszuwerden: da wäre einmal der unbequeme Jesus, der keine faulen Kompromisse kennt, der sich um die Aussätzigen und Besessenen kümmert und nicht einmal dann auch nur einen Deut von seinem Weg abweicht, als der geradewegs ans Kreuz führt.
Angstbesetzt. Oder jene Variante, die mir als Kind viel mehr zu schaffen machte: Jesus, mehr noch Gott Vater, der alles sieht und nur darauf wartet, mich bei einer Sünde zu ertappen. Durch einen einfachen Satz eines alten weisen Mannes bin ich dieses Gottesbild losgeworden. Ich bin gerade zwölf, habe bei der Wochentagsabendmesse ministriert und bin dabei nicht zur Kommunion gegangen. Der Vater unseres damaligen Pfarrers spricht mich nach der Messe darauf an. Ich erkläre ihm, ich hätte kurz vor der Messe noch was gegessen und hätte daher nicht kommunizieren dürfen. Da sagt er: „Bua, glaubst leicht, der liebe Gott is a Greißler?“
Hoffnungsvoll. Seit damals war Gott ein anderer. Nicht einer, der auf Heller und Pfennig abrechnet, sondern der, der nichts anderes im Sinn hat, als uns, seine Menschenkinder, zu einem geglückten Leben zu führen. Weihnachten spricht hier eine deutliche Sprache. Vom Frieden ist die Rede, von der Familie, vom Schenken, vom Hoffen, von der Geburt der Menschlichkeit. Weihnachten stellt für wenige Tage eine Vision in den Raum, wie es sein könnte. Angeregt durch die berühmteste Geburt der Weltgeschichte üben wir uns im Gutsein. Und auch, wenn es nicht immer gelingt und nur ein paar Tage dauert, ich bin sicher, der liebe Gott hat seine Freude daran.
Bewegt. Das Kind in der Krippe bewegt schon sehr viel, der erwachsene Mann aber, der von Versöhnung, Vergebung und der Liebe zu den Feinden predigt, der könnte uns Berge geben.