Unglaublich. Die ältere Generation wird sich noch erinnern, wie eine „gute katholische Moral“ vor der Sexualität warnte. Fast alles schien hier sündig. Wegen einer negativen Einstellung zur Erotik und Geschlechtlichkeit haben sich viele Menschen von der Kirche distanziert.
Ausgabe: 2016/38
20.09.2016
- Reinhold Ettel SJ, Linz
Ein Umdenken brachte bereits das 2. Vatikanische Konzil (1962 bis 1965). In der Pastoralkonstitution wird die Geschlechtlichkeit des Menschen geschätzt, vor allem im Blick darauf, dass menschliches Leben weitergegeben wird (GS 51).
Papst Franziskus weist ausdrücklich darauf hin: „Gott selbst hat die Geschlechtlichkeit erschaffen, die ein wunderbares Geschenk für seine Geschöpfe ist“ (AL 150). Diesen Satz sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Die Sexualität ist fähig, der Liebe Ausdruck zu geben: „jener Liebe, in welcher der Mensch als Person Geschenk wird“ (AL 151). Der Papst spricht in warmherziger Zuversicht, wie die erotische Dimension der Liebe die Begegnung der Eheleute verschönern möchte. Sie vermag das Wunderbare zu zeigen, zu dem das menschliche Herz fähig ist (AL 152). Immer soll die Begegnung in der Sexualität die Liebe und Achtung zeigen, die zwischen den Begegnenden zu spüren ist. Es ist eine Frage der Wahrhaftigkeit.
Es darf nicht darüber hinweggesehen werden, dass die Sexualität durch krankhaftes, selbstbefriedigendes Verhalten belastet und erniedrigt wird. Leider wird die Sexualität nicht selten auch „von der giftigen Mentalität des ‚Gebrauchens und Wegwerfens‘ beherrscht“. Der Körper des/der anderen wird wie ein Gegenstand gebraucht und so „missbraucht“ (AL 153).
In Verbindung mit einer positiven, wertschätzenden Sexualerziehung (AL 280 ff.) wird auf das Schamgefühl hingewiesen. Dieses ist nicht überholt und nicht eine Frage anderer Zeiten. Vielmehr ist es eine natürliche Verteidigung des Einzelnen, der seine Innerlichkeit schützt und sich verteidigt, um nicht zu einem bloßen Objekt zu werden (AL 282).
- Gott selbst ist der Schöpfer der Sexualität; sie ist ein Geschenk Gottes. - Erotische und sexuelle Begegnungen als Ausdruck der Liebe; Achtung und Wertschätzung des/der anderen müssen zu spüren sein. - Der Köper des/der anderen darf nicht als „ein Gegenstand“ missbraucht werden. - Das Schamgefühl beachten – zum Schutz der persönlichen Würde.