Nachdem sich die Aufregung um die Ernennung des Weihbischofs gelegt hat, will die Diözese Linz Ausgetretene zum Widerruf ihres Schrittes bewegen. Dabei handelt es sich jedoch um ein schwieriges Unterfangen: 2008 gab es knapp 100 Widerrufe. Bei 6500 Austritten.
Anfang Februar schnellten die Austrittszahlen in der Diözese Linz in die Höhe. Häufig geäußerter Grund: die Ernennung von Gerhard Maria Wagner zum Weihbischof. Jene Gläubigen, die Anfang Februar aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, bekommen nun in diesen Tagen Post von Bischof Ludwig Schwarz mit der Bitte, ihre Entscheidung zu überdenken. Indirekt kommt in dem bischöflichen Schreiben die Ernennung und der Rückzug Wagners als „Ereignisse der letzten Wochen“ zur Sprache. Die Diözese Linz möchte dabei die 2007 in Kraft getretene Praxis nutzen: drei Monate lang bleibt der Austritt in der Schwebe. Innerhalb dieser Frist können die Gläubigen ihren Austritt widerrufen (siehe Spalte rechts). Bislang hatte diese Vorgehensweise noch wenig Erfolg: 2008 gab es in der Diözese Linz ca. 6500 Austritte, 924 Eintritte, jedoch nur knapp 100 Widerrufe.
Pfarren sollen Gläubige „zurückholen“. Gerade die Pfarren werden deshalb von der Diözesanleitung daran erinnert, dass sie zusätzlich zum Bischofsbrief Kontakt mit den Ausgetretenen aufnehmen sollten. Zumindest telefonisch, am besten jedoch im persönlichen Gespräch. Nur im Ausnahmefall sollen die Kirchenbeitragsstellen für diese Aufgabe einspringen. Die Idee: Vor Ort in den Pfarren ist die Chance am größten, die Menschen für die Kirche zurückzugewinnen. In der Realität war es in den letzten eineinhalb Jahren jedoch nur eine Minderheit der Pfarren, die Überzeugungsarbeit für den Widerruf gemacht haben. In Hintergrundgesprächen mit der KirchenZeitung wird klar weshalb: Die Pfarren klagen häufig über personellen und zeitlichen Mangel, der die Umsetzung dieser Maßnahme erschwere.
Langfristig positive Wirkung. Dass für die Ausgetretenen viel zu wenig getan werde, kritisiert Dr. Franz Leitner, Pfarrer von Vöcklabruck: „Wir bekehren immer die, die eh schon bekehrt sind.“ Gemeinsam mit dem Pastoralassistenten versucht Franz Leitner möglichst alle Gläubigen, die die katholischen Kirche verlassen haben, zu besuchen. Seine Erfahrungen: „Die Leute haben sich ihren Entschluss sehr gut überlegt und brauchen längere Zeit, um diesen Schritt rückgängig zu machen. Widerrufe innerhalb der drei Monate passieren sehr selten.“ Dennoch glaubt Leitner, dass die Besuche sinnvoll sind: „Für einen späterer Wiedereintritt ergeben sich wichtige Anknüpfungspunkte.“ So will Vöcklabrucks Pfarrer in den nächsten Wochen viele Gespräche mit Ausgetretenen führen. Zur Sprache bringen möchte der Priester, was alles an Positivem in der Kirche geschieht, aber auch offen über die jüngsten Turbulenzen reden. Leitner: „Man muss das auch so sehen: Die katholische Kirche ist wohl die einzige Organisation, die ihre Fehler zugibt.“
Zur Sache
Bekehrung in 90 Tagen
Seit 2007 wird ein Kirchenaustritt nicht sofort wirksam, sondern erst nach drei Monaten. Innerhalb der 90 Tage genügt es, den Schritt aus der Glaubensgemeinschaft mit dem Ausfüllen eines Formulars zu widerrufen. Nach dieser Frist erfordert die Wiederaufnahme ein spezielles Verfahren (Reversion), für das es neben einem Priester auch zwei Zeugen braucht. Basis für die Praxis des Widerrufs ist das Dokument „Pastorale Initiativen in Zusammenhang mit dem Kirchenaustritt“. Die österreichischen Bischöfe weisen in diesem Schreiben darauf hin, dass „allein die Tatsache, dass jemand (...) den Kirchenaustritt vor der staatlichen Behörde erklärt hat, als schwerer Verstoß gegen die Einheit mit Christus und seiner Kirche betrachtet werden muss“. Deshalb die Aufforderung an die Seelsorger vor Ort: „Es sollte ein Anlass sein, den Katholiken (...) in der Beschäftigung mit dem Glaubensgut der Kirche zu Buße und Umkehr zu bringen.“ Dennoch gelte auch der Grundsatz: „Einmal getauft, immer getauft.“