Angesichts vieler Ereignisse und Erfahrungen könnte einem der Optimismus schon vergehen. Aber das Reich Gottes ist schon angebrochen – und damit gute Aussichten.
Mein erster „Chef“, den ich ansonsten sehr schätzte, hatte einen etwas negativ gefärbten Blick für unsere Zeit: „Es ist wie auf einer schiefen Ebene. Alles geht abwärts!“ Diese Sichtweise verteidigt er noch heute. Wir, seine jungen Kapläne, hielten natürlich dagegen: „Es gibt doch auch viel Positives!“
Natürlich sehen, hören, lesen wir täglich von schrecklichen Ereignissen, von Kriegen, Terroranschlägen, Gewalttaten, Umweltzerstörung, Missbrauchsgeschichten usw. Da fragen wir uns zu Recht: Stimmt das, was der Prophet Jesaia verspricht: „Es kommt die Zeit, da wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein, der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter! Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen!“ (vgl. Jes 11, 6–9) Das klingt ja wie ein Märchen. Davon sind wir doch Kilometer weit entfernt.
Dennoch. Nein, ich will mich nicht auf den Himmel vertrösten lassen und auf ein besseres Jenseits warten, in dem sich das alles erfüllt. Hat nicht mit Jesus das Reich Gottes schon begonnen? Ich möchte nichts schönreden, aber ich sehe auch Hoffnungszeichen. So erlebe ich, dass die beiden Nachbarinnen, Frau Nagel und Frau Milana aus Tschetschenien, recht gut miteinander können. Der Pensionist Jakob hat für zwei Türkenkinder im gleichen Haus die Opa-Rolle übernommen, geht mit ihnen zum Schulfest, hilft bei den Hausaufgaben und spielt sogar mit ihnen. Der Serbe in meiner Nachbarschaft grüßt immer sehr freundlich und hat mich schon mehrmals auf ein Bier oder einen Kaffee eingeladen.
Er weiß. Da und dort fließt etwas vom Himmel herein. Wir müssen nur den Blick dafür schärfen. Von Jesus wird gesagt: Er wusste, was im Menschen ist! (Joh 2, 25) Ich denke, er kennt die dunklen Anteile in unseren Herzen, weiß, dass wir manchmal auch durchaus bösen Gedanken hegen oder nachtragend und hartherzig sein können. Aber er weckt auch die guten Anteile in uns, hält die Sehnsucht nach Frieden und gegenseitigem Verstehen wach.
Öffnen. Kommt unsere düstere Einstellung nicht davon, dass die inneren „Fenster“ durch manchen Ärger und den Fliegenkot des Alltags verschmutzt sind, verstaubt durch die Müdigkeit oder Unruhe unseres Lebens? Wie können wir unseren Blick reinigen?Ich erlebte vor kurzem einen berührenden „Abend der Begegnung“. Asylwerber, Menschen vom Kolpingheim, Wohnungssuchende erzählten von ihrem Leben. Auch zwei Drogensüchtige. Eine von ihnen war eine jüngere Frau, die von der Sucht losgekommen ist. Als sie gefragt wurde, „wofür“ sich der Ausstieg gelohnt hat, antwortete sie: „Wenn ich am Morgen meine zwei kleinen Kinder sehe und jeden Tag manch Schönes erlebe, dann sehe ich wieder einen Sinn in meinem Leben.“ Ich denke, wir sollten nicht nur die Fenster beim Adventkalender öffnen.
Gute Aussichtspunkte
Am Morgen mit einem Dank aufstehen und hoffnungsvoll vorausschauen.
Am Abend eine Kerze anzünden und eine geistige „Tagesschau“ halten.
Den Rorate-Gottesdienst mitfeiern.
Hauskirche halten und bestimmte Menschen in den Blick und ins Gebet nehmen.
Einen einsamen Winterweg gehen.p>Jemanden bewusst anschauen. Hinter allem Rummel auch die Bedürfnisse und Sehnsüchte der Menschen entdecken.
Das „Fensterputzmittel“ der Ruhe, der Musik und guter Worte verwenden.