Unter der Perspektive „Jägerstätter und sein Glaube“ hat der italienische Politologe Cesare G. Zucconi eine Biografie über Franz Jägerstätter verfasst, die soeben auf Deutsch erschienen ist. Das Buch hebt sich von Jägerstätter-Interpretationen deutlich ab, die in ihm mehr den Widerstandskämpfer und politischen Martyrer sehen. Als Basis für die Lebensbeschreibung Jägerstätters dienen Zucconi die gründlich recherchierten Arbeiten (Biografie und Briefwechsel) der Jägerstätter-Forscherin Erna Putz. Mithilfe ihrer Bücher gelingt es ihm in hervorragender Weise, das Leben Jägerstätters interessant zu präsentieren und durch die treffend ausgewählten Zitate aus Jägerstätters Briefen und Aufzeichnungen die entscheidenden Phasen seines Lebens klar zu markieren. Schade nur, dass sich eine Reihe von kleineren, aber doch störenden Fehlern bei den Fakten eingeschlichen haben: Jägerstätter ist nicht in der Kirche von St. Radegund begraben, Franz von Assisi ist nicht sein Namenspatron und unter seinen Broschüren findet sich auch keine Kleinschrift über Therese von Lisieux.
Befreiendes Gebet. Zucconi geht besonders der Frage nach, warum Franz Jägerstätter den Kriegsdienst verweigert hat und woher er die Kraft dazu nahm. Für den Bauern aus St. Radegund war der Nationalsozialismus nicht nur eine politische Kraft, sondern „die Macht des Bösen“. Hitler griff nach den Seelen der Menschen. Darum ging es für Jägerstätter nicht nur um die Verweigerung des Kriegsdienstes, sondern gewissermaßen um einen spirituellen Kampf zwischen Gut und Böse (Seite 196), so Zucconi: Jägerstätters Kraft zum Widerstand lag allein im Glauben und in seiner Ausrichtung auf Gott. Nicht ob Jägerstätter eine Handlung vor sich selbst verantworten könne, war die Frage, sondern ob sein Handeln gottgefällig ist (Seite 203). Das Seelenheil ist ihm wichtiger als alles andere. Der geistige Kampf um die Gewissen und Herzen der Menschen, die vom bösen Geist des Nationalsozialismus verschluckt wurden, war nur mit geistigen Waffen zu führen, mit dem Gebet, erklärt Zucconi. Es ist in dieser Situa- tion für Jägerstätter der Schlüssel zur innerlichen Befreiung: Es nimmt die Angst. Zucconi weist darauf hin, dass die Fähigkeit, die Menschen in Angst zu halten, die stärkste Waffe der Nationalsozialisten war.
Linzer Bischofskandidaten für Wien. Kirchengeschichtlich hochinteressant ist ein Kapitel Zucconis über die österreichische Kirche in den dreißiger Jahren. Er wertet dazu den Briefverkehr der Nuntiatur in Wien mit dem Vatikan aus, der erst seit Kurzem zugänglich und kaum bekannt ist. Dort ist unter anderem die Suche nach einem Nachfolger des 1932 verstorbenen Wiener Kardinals F. G. Piffl dokumentiert. Der Vatikan schlägt den Linzer Bischof Gföllner vor, auch von dem Nazi-Sympathisanten A. Hudal ist die Rede, ebenso von dem hoch geschätzten Linzer Regens W. Grosam. Schließlich fällt die Wahl auf Th. Innitzer, den ein Nunitus noch einige Jahre vorher als „gut, aber schwach“ charakterisierte.