Wort zum Sonntag
Der beliebte Rundfunkmoderator und frühere Wirt sowie Bergführer Sepp Forcher ist am 19. Dezember kurz nach seinem 91. Geburtstag verstorben.
Mit der TV-Sendung „Klingendes Österreich“ war er von 1986 bis 2020 in 200 Folgen in den Wohnzimmern der Österreicher/innen zu Gast.
Auch als Buchautor war Forcher erfolgreich, stets unterstützt von seiner vor kurzem erst verstorbenen Frau Heli. Er beeindruckte stets durch seine Authentizität.
Im Jahr 2014 gestaltete Sepp Forcher in der KirchenZeitung eine Serie rund um Advent und Weihnachten. Sie finden diese hier zum Nachlesen.
Aufgezeichnet wurde die Serie von Heinz Niederleitner.
Aus der KirchenZeitung Nr. 48/2014
Advent ist eine Zeit, in der ich das Zentrum der Stadt Salzburg, in der ich lebe, zu meiden versuche. Alles erstrahlt im Lichterglanz und es sind unheimlich viele Leute mit unglaublich großen Erwartungen unterwegs. Ich weiß nicht, was sie sich erwarten – wohl weniger die Wiederkunft des Herrn als ein schönes Ereignis in der Stadt.
Ich gehe dem aus dem Weg, denn in meiner Kindheitserinnerung ist Advent eine „arme Zeit“. Meine Großmutter hat streng auf das Fasten gehalten. Da gab es zum Beispiel Gerstensuppe.
Mir hat das nicht besonders geschmeckt, aber es hat erfolgreich den Hunger gestillt. Es gab eine einfache Kost, mit der man gut leben konnte. Heute gibt es genügend Leute, die so etwas bräuchten.
Bei meinen Eltern, die als Hüttenwirte arbeiteten, war der Advent die Zeit, in der überhaupt kein Geschäft gegangen ist: Da geht kein Mensch mehr auf den Berg. Folglich wurde die Not sichtbar. Das hat sich für mich immer erst gelöst mit dem Entzünden der Kerzen auf dem Christbaum. Die Mutter hat am Christtag einen Schweinsbraten gemacht. Das war ganz etwas Besonderes, ein wirkliches Festessen.
Wenn ich in die heutige Zeit hineingeboren wäre, würde ich im Advent vielleicht auch am Christkindlmarkt stehen, Glühwein trinken und eine Gaudi haben. Aber Gaudi stand im Advent meiner Jugend eher weniger auf dem Programm. Und so verbringe ich den Advent heute ruhig mit Lesen und höre Musik.
Aus der KirchenZeitung Nr. 49/2014
Mit dem heiligen Nikolaus verbinde ich gute Erinnerungen: Vor über 40 Jahren – damals war ich Wirt in Salzburg – hat mich die Mutter einer großen, mit uns bekannten Familie angerufen: Ob ich für ihre Kinder nicht den Nikolaus spielen möchte. Im Landestheater kannte ich den Kostümmeister: Er hat mich als Nikolaus hergerichtet. So bin ich zu der Familie hingefahren.
Die Dirndln waren alle ganz stad. Aber die kleinen Buben haben gleich gefragt: Mami, ist das nicht der Sepp?
Über den heiligen Nikolaus bin ich einst auch zum ORF gekommen: In der Radiosendung „Am Stammtisch“ sollte ein Pfarrer als Nikolaus auftreten. Da er kurzfristig verhindert war, wurde ich gebeten einzuspringen, denn die Sendung wurde im Gasthaus von Freunden aufgenommen. Informationen über die „Sünden“ der Stammtischbesucher sollte ich bekommen und
sie als Nikolaus „ermahnen“. Schließlich stand ich aber ohne Informationen vor den Leuten und den Mikrofonen. Ich war gezwungen, alleszumobilisieren, was ich über den Heiligen weiß. Da habe ich unter anderem erzählt: Das ist der Bischof von Myra, der in Bari begraben ist. Und er wird oft mit drei goldenen Kugeln dargestellt, weil er der Legende nach die Mitgift für drei Frauen gespendet hat ...
Es war das erste Mal, dass ich mich so intensiv mit einem Heiligen beschäftigt habe. In meiner eigenen Kindheit, im Schülerheim in Salzburg, war der Nikolaus weniger präsent, sondern eher der Krampus: Das war die NS-Zeit und da war ein Heiliger nicht wohlgelitten. Als wir aber gefragt wurden, ob wir Religionsunterricht haben wollen, habe ich mich gemeldet.
Die Krampusläufe von heute fußen zwar auf dem alten Brauchtum der Perchten. Aber dass das heute ein „Event“ geworden ist, gefällt mir weniger. Ich denke, der Nikolaustag sollte ein intimeres Fest sein.
Aus der KirchenZeitung Nr. 50/2014
Ich erinnere mich daran, wie mein Großvater einmal eine Krippe geschnitzt hat. Er war Zimmerer und Tischler und hat die Figuren aus Zirbenholz geschnitten. Es hat mir gefallen, ihm beim Schnitzen zuzuschauen. Ich erinnere mich noch an den Geruch des Zirbenholzes, der Ölfarben und an den gütigen ruhigen Menschen.
Meine eigene Familie legt heute noch einen großen Wert auf das Aufstellen der Krippe.
Dass Weihnachten ein religiöses Fest ist, ist mir heute wichtiger als früher. Man braucht Zeit, bis man begreift, was unser Glaube ist und was alles dazugehört. Und es gehört auch der „Flitter“ dazu, der die Herzen berührt, wie eben die Krippendarstellungen.
In der josephinischen Zeit hat man das Aufstellen von Krippen in den Kirchen verboten und sie so in den Bereich der Familie verdrängt. Im Barock hat es sicher Auswüchse bei den Krippendarstellungen gegeben. Wenn man aber heute schaut, welchen Reichtum es in der Krippenkunst gibt, dann ist das meiner Meinung nach eine großartige Sache. Das Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck oder das Bayerische Nationalmuseum in München haben zum Beispiel wunderbare Krippensammlungen. Meine erste lebendige Krippe mit echten Tieren und Menschen habe ich auf der Insel Madeira gesehen. Damals habe ich noch nicht gewusst, dass diese Tradition auf den heiligen Franz von Assisi zurückgeht.
Wenn ich heute die Krippenbauer in meinem Bekanntenkreis sehe, muss ich sagen: Es ist eine eigene Stimmung, welche die Menschen bei dieser Tätigkeit erfasst. Das ist nicht nur Freude am Schnitzen, sondern da ist etwas Tieferes drinnen – auch wenn das nicht jedem bewusst ist.
Aus der KirchenZeitung Nr. 51/2014
Als ich Kind war, wurde bei uns Weihnachten sehr schlicht gefeiert. Mein Vater hat sich wegen der geraden Äste eine Tanne als Christbaum eingebildet, die wir aus dem Wald geholt haben. Zum Teil mussten wir lange herumsuchen, denn Tannen waren in meiner Südtiroler Heimat Sexten und später nach dem Umzug auch im Salzburger Tennengebirge eher rar. Aber der Duft der Tanne ist schon etwas Besonderes.
Der Christbaumschmuck war immer derselbe, meine Eltern haben ihn aus Südtirol nach Salzburg mitgenommen. Der Schmuck an sich war nichts Besonderes, dafür aber die Art, wie mein Vater damit umgegangen ist: Sonst war er eher ein harter Mensch. Aber beim Schmücken des Christbaumes hat man seinen Händen die Zerbrechlichkeit der Dinge angesehen. Er hat den Schmuck sehr zart angefasst und geachtet, dass ja nichts kaputtgeht.
Als Geschenk haben wir Socken oder Fäustlinge bekommen, die unsere Mutter selbst gestrickt hatte. Hie und da habe ich von Gästen – meine Eltern waren ja Hüttenwirte – ein Buch bekommen: „Robinson Crusoe“, griechische Heldensagen oder „Eskimoleben“ von Nansen. Meine Eltern haben es nicht gerne gesehen, wenn ich gelesen habe. Ich wurde trotzdem ein begeisterter Leser.
Der Besuch der Christmette war nicht möglich, weil wir auf dem Berg gewohnt haben. Aber wir haben immer gewartet, bis wir die Glocken im Tal hörten. In unserer Zeit im Tennengebirge haben wir auch die wandernden Lichter gesehen, wenn die Bauern unten in Werfenweng mit den Laternen in
die Mette gegangen sind. Diese kleinen leuchtenden Punkte sind für mich eine ganz besondere Erinnerung an Weihnachten.
Aus der KirchenZeitung Nr. 52/2014
Als Kind im Schülerheim in der Stadt Salzburg in den 40er Jahren war es für mich stets eine große Freude, in den Weihnachtsferien nach Hause auf die von meinen Eltern bewirtschaftete Schutzhütte zu kommen. Vom Bahnhof Pfarrwerfen hinauf war es normalerweise ein Fußmarsch von drei Stunden. Ich habe oft länger gebraucht, besonders bei viel Schnee. Einmal brauchte ich zehn Stunden.
Mein Vater war Bergführer und hat sich gedacht: So hart kann es gar nicht hergehen, dass es dem Buben schadet.
Meinem Vater war Religion nicht besonders wichtig, aber das traditionelle Räuchern rund um Weihnachten und Neujahr war für ihn selbstverständlich. Er hat sogar am Dachboden geräuchert und im Keller. Der Vater ging mit dem Weihrauchfass vor und ich durfte mit dem Weihbrunnen und einem Tannenästchen hintennach gehen und alles mit Weihwasser besprengen. Man wächst in die Sachen hinein, indem man assistieren darf.
Zu Silvester habe ich später als Wirt immer schauen müssen, dass das Geschäft gut läuft. Das Schönste war für mich, als ich erstmals die Nacht des Jahreswechsels durchschlafen konnte. Auch heute bleiben meine Frau und ich eigentlich nie bis Mitternacht durchgehend auf. Ein gutes neues Jahr kann man sich auch am Neujahrsmorgen noch wünschen.
Am Dreikönigstag haben wir früher immer gesagt: Du merkst schon, dass die Tage wieder länger werden. Der Weihnachtsschmuck bleibt dann bei uns immer noch traditionell bis Mariä Lichtmess hängen. Dann ist die Weihnachtszeit für uns endgültig vorbei.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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