Theologiestudentin Stefanie Hinterleitner sprach mit der KirchenZeitung über ihre Visionen für die Kirche und Debatten, die auf dem Rücken der Frauen ausgetragen werden.
Ausgabe: 2017/36
05.09.2017 - Paul Stütz
Wie reagieren die Leute, wenn Sie beim Fortgehen erzählen, dass Sie für die Kirche arbeiten?Stefanie Hinterleitner: Viele fragen, ob ich Priesterin werden will. Ich muss oft erklären, dass das nicht möglich ist für mich als Frau in der katholischen Kirche. Viele sind dann erstaunt.
Wenn es möglich wäre: Möchten Sie denn gerne Priesterin sein? Hinterleitner: Das Berufsbild des Priesters hat mich als Jugendliche schon fasziniert. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher, ob ich Priesterin sein möchte. Aber ich glaube, dass es genug Frauen gibt, die diese Berufung spüren und auch damit kämpfen, dass sie das nicht auch leben können. Papst Franziskus hat beim Frauenpriestertum klar Nein gesagt. Hinterleitner: Aber er lässt jetzt über das Diakonat der Frauen nachdenken, er betont die weibliche Seite der Kirche. Es wäre gut, wenn hier Taten folgen würden. Zumindest beim Frauendiakonat, das biblisch gut begründet ist, wenn etwa Paulus Frauen als Diakoninnen anspricht.
Für Berufe in der Kirche interessieren sich jedenfalls mehr Frauen als Männer.Hinterleitner: An der Basis engagieren sich sehr viele Frauen. Frauen haben schon sehr viele berufliche Möglichkeiten in der katholischen Kirche. Frauen sollen keine Scheu haben, eine Karriere in der Kirche zu machen. Die Diözese Linz geht mit gutem Beispiel voran. Mit Gabi Eder-Cakl hat eine Frau das Pastoralamt als Chefin übernommen. Gleichzeitig soll man aber auch dafür kämpfen, dass für Frauen in Zukunft noch mehr möglich ist. Am Ende soll wirklich die volle Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen stehen, was die Berufswahl und Berufung angeht.
Wo gibt es noch Handlungsbedarf in der Gesellschaft, was die Rolle der Frau betrifft?Hinterleitner: Ich verstehe überhaupt nicht, warum Frauen in vielen Branchen weniger entlohnt werden. Junge Frauen müssen sich außerdem viel mehr Gedanken als Männer machen, was die Familienplanung betrifft: Wann bekomme ich Kinder und wie wirkt sich das auf den Beruf aus? Diese Verantwortung lastet sehr ungleich auf den Schultern der Frauen. Mich stört auch, dass viele politische Debatten auf dem Rücken der Frauen ausgetragen werden. Zum Beispiel wenn es um den Islam geht. Dann wird über das Kopftuch diskutiert und über Frauen bestimmt, was sie dürfen und was nicht.
Kommen wir wieder zurück zur katholischen Kirche. Was ist Ihre Vision, in welche Richtung soll sich die Kirche entwickeln?Hinterleitner: Meine Vision ist, dass die Kirche politischer werden soll. Die Kirche kann eine Plattform sein, die sich für zivilgesellschaftlichen Diskurs anbietet. Wo Menschen gleichberechtigt gemeinsam diskutieren für das Gemeinwohl. Das ist eigentlich die zentrale Reich-Gottes-Botschaft von Jesus, bei der es um Nächstenliebe und Gerechtigkeit geht. Vor Gott sind alle Menschen gleich und das sind zugleich die Grundbedingungen für eine funktionierende Demokratie.
Vortrag
„Als junge Frau in Kirche und Gesellschaft Hab nur Mut, steh auf!“ Zu diesem Thema spricht Stefanie Hinterleitner am Dienstag, 19. Sep. 2017, 19.30 Uhr im Ursulinenhof in Linz. In Kooperation mit Kath. Jugend OÖ, Bibelwerk Linz und KirchenZeitung. Eintritt frei.