Viele gläubige Menschen fragen sich: Wenn es die Auferstehung gibt, was kommt dann? Was erwartet mich nach dem Tod?
Ausgabe: 2015/18, Auferstehung, Wandinger
28.04.2015 - Dr. Nikolaus Wandinger
Die katholische Tradition spricht von Gericht, Himmel, Hölle und Fegefeuer. Sie geht davon aus, dass wir Menschen nach dem Tod nicht ins Nichts fallen, uns auch nicht in einem Nirwana auflösen, sondern als die Personen, die wir in unserem je einmaligen Leben auf Erden wurden, auf neue Weise weiterleben. Dabei muss man sich Himmel, Hölle und Fegefeuer nicht wie verschiedene Orte vorstellen, sondern besser als verschiedene Existenzweisen, die sich durch die verschiedene Art der Beziehung zu Gott und den Mitmenschen unterscheiden.
Gericht
Was aber sind die Kriterien, nach denen wir gerichtet werden? Jesus fasst es ganz kurz und knapp zusammen, wenn er sagt: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder [oder Schwestern] getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40) Paulus ergänzt dazu, dass die Liebe das zentrale Motiv sein muss, damit es zählt (vgl. 1 Kor 13,1–3). Aus Berechnung den Nächsten Gutes tun, zählt nicht; aus Liebe den Nächsten Gutes tun, zeigt, dass jemand Gottesliebe hat. Denn wir lieben Gott, indem wir die Nächsten lieben. Und es geht darum, dass wir das in unserem irdischen Leben tun. Spätestens mit dem Tod wird unsere Entscheidung Gott gegenüber endgültig. Danach wird sie nur mehr offenbar. Meistens wissen wir nämlich selbst nicht so genau, warum wir etwas tun: Helfen wir aus Nächstenliebe oder weil wir dann gut dastehen? Verletzen wir aus Hass oder nur aus Gedankenlosigkeit? Gott weiß es und er wird uns im Gericht unsere tiefsten Geheimnisse offenbaren, auch jene, die wir vor uns selbst verheimlicht haben.
Fegefeuer
Die anderen Menschen wissen hingegen, wie wir sie verletzt haben. Könnte es Fegfeuer heißen, wenn wir mit ihren Anschuldigungen zurechtkommen müssen, wenn wir sie um Vergebung bitten und selbst von anderen um Vergebung gebeten werden? Könnte das Ernstnehmen der Verletzungen und das Eingestehen unserer Schuld eine schmerzhafte Reinigung bewirken? Wie oft mussten Missbrauchsopfer hören, dass ihre Peiniger nicht mehr leben?! Wie, wenn man diese nach dem Tod konfrontieren könnte, um ihnen klarzumachen, was sie angerichtet haben? Wie könnte aber dieser Prozess enden?
Hölle
Für manche so, dass sie sich ganz und endgültig zurückziehen und isolieren, weil sie unfähig sind, eigene Schuld einzugestehen und um Vergebung zu bitten. Die Vorstellung, dass der allbarmherzige Gott jemanden zu ewigen Qualen verdammen würde, ist für viele Menschen nicht nachvollziehbar. Was aber, wenn nicht Gott die Menschen verdammen würde, sondern wenn manche Menschen sich selbst aus der Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen ausschließen würden, indem sie die Annahme ihrer Schuld verweigern? Wenn sich jemand endgültig selbst ausschließt, dann bleiben nur noch Anschuldigung und Hass übrig: das ist die Hölle. Ob das wirklich jemand tut angesichts der Tatsache, dass Gott sogar den Henkern Jesu verziehen hat, wissen wir nicht; aber wir müssen damit rechnen, dass es geschehen kann.
Himmel
Es ist allerdings zu hoffen, dass das Beispiel der Barmherzigkeit Jesu die Menschen befähigt einander sogar die schlimmsten Dinge zu vergeben, sich langsam zu versöhnen und dann miteinander und mit Gott in einer liebenden Gemeinschaft zu leben. Das heißt dann Himmel: die Gemeinschaft all derer, die mit Gott und miteinander in Freude leben. Langweilig müsste das nicht sein. Es könnte aufregend wie eine nie endende Liebesnacht, köstlich wie ein ewiges Festmahl und elektrisierend wie ein dauerndes Konzert sein – warum sonst sprach Jesus vom himmlischen Hochzeitsmahl und die Tradition von den Engelschören? Wer würde da nicht gerne mitfeiern!