Warum die Ordensspitäler das medizinische Niveau in ganz Oberösterreich heben, erklärt Mag. Peter Ausweger von den Barmherzigen Brüdern in Linz. Und er zeigt, wie die Gründungspersönlichkeiten der Ordenskrankenhäuser bis heute eine heilsame Unruhe verbreiten.
Warum sind neben der öffentlichen Hand weitere Spitalsträger sinnvoll? Wenn doch der Staat ohnehin so gut wie alles zahlt? Mag. Peter Ausweger: Die Teilung zwischen öffentlich-staatlichen und privat-gemeinnützigen Trägern ist eine Angebotserweiterung. Durch unterschiedliche Trägerschaften werden unterschiedliche Zugänge zur Medizin eingebracht. Gäbe es nur einen einzigen Träger wäre das Denken in Alternativen gar nicht mehr möglich. Ich bin überzeugt, dass diese Vielfalt die medizinische Versorgung in Oberösterreich auf höchstes Niveau gehoben hat.
Was ist in einem Ordensspital anders als in einem öffentlichen Krankenhaus? Was soll anders sein? Ein Ordensspital soll nicht den Anspruch haben sich abzuheben, sondern das, was wir machen, wollen wir gut machen. Wenn das andere ebenso tun, freuen wir uns. Worum wir uns aber schon bemühen, ist Wegbereiter zu sein, positive Entwicklungen voranzutreiben und Leuchttürme zu entwickeln. Zum Beispiel sind die Ordensspitäler Oberösterreichs in der Palliativversorgung vorangegangen. Oder der Zugang von behinderten Menschen zur Medizin: Da waren auch die Ordensspitäler Vorreiter. Wir treiben positive Entwicklungen voran und bemühen uns, diese in die Breite des Gesundheitssystems einzubeziehen.
Wenn man ein Ordensspital betritt, kommt man an den Gründungspersönlichkeiten nicht vorbei: an Reliefs oder Statuen des heiligen Vinzenz von Paul, des heiligen Johannes von Gott oder an der heiligen Elisabeth. Welche Bedeutung haben sie für die Arbeit heute? Es mag überraschen: Ordensspitäler beziehen durch die Jahrhunderte hindurch ihre Stärke von ihren Gründungspersonen. Daraus schöpfen die Träger noch immer Kraft.
Wie zeigt sich das? Das zeigt sich im wertschätzenden Umgang der Mitarbeiter/innen untereinander und zwischen Personal und Patienten/innen. Von der Ordensspiritualität her müssen wir auch für Benachteiligte und Randgruppen einen Zugang zur Medizin schaffen oder offen halten. Das ist unser Gründungsauftrag. Der ist noch lange nicht verwirklicht. Es gibt noch viel zu tun. Wir müssen gesellschaftliche Defizite sichtbar machen und gleichzeitig unseren Mitarbeitern die Freiheit geben, darauf Antworten zu finden. Als Ordensspital sind Sie aber auch fest in das Gesundheitssystem des Landes eingebunden. Selbstverständlich, deshalb bekommen wir auch öffentliches Geld. Auf der wirtschaftlichen Ebene haben Ordensspitäler hohe Qualitätsstandards und wie alle anderen Spitäler auch und selbstverständlich kooperieren wir mit allen Spitälern. Wir Ordensspitäler haben einen fachlich hohen Anspruch, aber wir schauen nicht nur auf die medizinische Seite. Bei aller fachlichen Kompetenz ist uns die soziale und ethische Herangehensweise besonders wichtig.
Fühlen sich Ordensspitäler nicht manchmal durch die kirchlichen Vorgaben in ethischen Fragen eingeengt?Als Stichworte nenne ich „Pille danach“, Sterilisation oder künstliche Befruchtung. Nicht Einzelthemen sind wichtig, sondern es muss in Ordensspitälern um die Atmosphäre gehen. Das heißt: Es darf keine Frage unterdrückt werden. Für jedes ethische Problem, für jede Frage muss es eine Plattform geben, wo die Mitarbeiter/innen sie ansprechen können. Mitarbeiter/innen dürfen in ethischen Fragen bei uns keine Angst haben, sondern müssen sich unterstützt fühlen. Bei den Barmherzigen Brüdern wurde dazu ein eigener Ethik-Codex entwickelt.
Welche Fragen bewegen die Mitarbeiter/innen am meisten? Das sind die Entscheidungen um das Lebensende: Wie kann man hier Wege finden, die für alle Beteiligten lebbar und tragbar sind? Dazu gibt es Ethik-Konsilien, wo schwierige Fälle besprochen und Handlungsempfehlungen für Ärzte, Patienten und Angehörige gegeben werden. Jeder betroffene Mitarbeiter kann ein solches Konsilium einberufen. Bei uns im Haus, bei den Barmherzigen Brüdern in Linz geschieht das ungefähr zehn bis 15 Mal im Jahr. Wir als Ordensspitäler dürfen uns natürlich bei allen Fragen der wissenschaftlichen Diskussion und dem Fortschritt nicht verschließen. Zum Beispiel im Bereich der Pille danach darf man nichts vereinfachen. Wir stehen als Ordensspital wie jedes andere Krankenhaus und die ganze Gesellschaft mitten in diesen schwierigen Lebensfragen, wir ziehen uns aber nicht zurück, sondern stellen uns den Herausforderungen. Wir sind uns bewusst: wer arbeitet, macht sich auch schmutzig.
Was sind aktuell die Herausforderungen für ein Ordenskrankenhaus? Das Sparen. Das betrifft aber jedes Spital. Wir können nicht alles leisten, was von uns Spitälern gefordert wird. Wir können das Sozialsystem nicht ersetzen. Immer dann, wenn man für kranke Menschen keine Lösung findet, sollen die Spitäler einspringen – bei Langzeitpatienten zum Beispiel.
Wird es zu einer Einschränkung von Leistungen kommen? Wir haben in Oberösterreich eine ausgezeichnete Spitalsstruktur. Ich glaube, dass die Mitarbeiter/innen der Abteilungen an und über ihre Leistungsgrenzen gehen, damit es zu keiner Einschränkung oder Zwei-Klassen-Medizin kommen muss.
Im Spitalsbereich ist immer nur von zu hohen Kosten und vom Sparen die Rede. Gibt es auch andere Zielvorstellungen als das Sparen? Die künftige Herausforderung besteht im Zusammenwirken vom niedergelassenen Bereich, also den praktischen Ärzten sowie dem Spitals- und dem Sozialbereich. Es steht an, dass hier verschiedene Akteure zusammenfinden und dass wir aus dem bestehenden System für die Patienten einen Mehrwert schaffen.
Ein großes Thema ist die neue medizinische Fakultät von Linz, die bald ihre Arbeit aufnimmt. Wir Ordensspitäler wollen uns mit unseren wissenschaftlichen Leistungen auf jeden Fall in die Fakultät einbringen. Die Frage ist, wie uns das gelingen kann. Da ist noch vieles offen.
Welchen Platz nehmen aus Ihrer Sicht die Ordensspitäler im Gefüge der gesamten Kirche ein? Wir sind Teil der Kirche, wir schätzen aber auch unsere Autonomie. Im Bereich der Pastoral gibt es ein tolles Zusammenwirken mit der Diözese. Im Spitalsalltag sind wir Ordenskrankenhäuser eine Schnittstelle, wo Kirche für die Menschen erfahrbar wird. Und zwar für alle: die ihr angehören oder nicht, die ihr gegenüber aufgeschlossen oder ablehnend eingestellt sind. Und ich sage mit Überzeugung, dass Kirche in den Ordensspitälern für viele Menschen positiv erfahrbar wird. Gerade rund um den Tod hören wir von Betroffenen und Angehörigen: Gut, dass es euch Ordensspitäler gibt. Wie Menschen in Ausnahmesituationen miteinander umgehen, das sollte uns Ordensspitäler auszeichnen.
Mag. Peter Ausweger
Mag. Peter Ausweger ist Geschäftsführer der OÖ. Ordensspitäler Koordinations GmbH. Darin sind die Krankenhäuser der katholischen Orden in Oberösterreich zusammengeschlossen. Ausweger hat die Gesamtverantwortung für alle Einrichtungen des Konventes der Barmherzigen Brüder Linz: für das Spital, das Altenheim, die Lebenswelten und die Wirtschaftsbetriebe. Er vertritt das Werk nach außen und trägt gemeinsam mit Pater Prior Matthias Meczywor und dem Pastoralrat maßgebliche Mitverantwortung für das religiöse, pastorale und spirituelle Leben in den Einrichtungen. Ausweger lebt in Linz, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.