Bischof Ludwig Schwarz feiert am 4. Juni seinen 75. Geburtstag. Zu diesem Anlass führte die KirchenZeitung ein Interview.
Mit dabei war auch Pater Karl Bleibtreu, Pfarrer in Linz-Don Bosco, langjähriger Freund des Bischofs und wie dieser Salesianer Don Bosco.
26.05.2015 - Interview: Josef Wallner und Paul Stütz
Wie lange kennen Sie sich schon? P. Bleibtreu: Seit 1951, da bin ich in das Spätberufenenseminar und Aufbaugymnasium zu den Salesianern Don Boscos nach Unterwaltersdorf gekommen. Bischof Ludwig war drei Jahre hinter mir. Wir waren auf dem Fußballplatz ein gutes Team, haben viel gespielt, die anderen Mannschaften haben gegen uns kaum Chancen gehabt. Er war links Außen und hatte eine guten Schuss. Ich habe herrliche Auflagen von ihm bekommen. Wir waren auch gemeinsam bei der Musikkapelle.
Welches Instrument haben Sie gespielt? Bischof Ludwig: Trompete. Heute spiele ich nicht mehr. Ich begeistere mich aber immer noch für die Musik, besonders auch für die Kirchenmusik. P. Bleibtreu: Ich spiele heute noch Trompete. Das letzte Mal habe ich zum Jahreswechsel den amerikanischen Zapfenstreich vom Kirchturm hinunter gespielt.
Machen wir einen Zeitsprung. Hätten Sie beide vor 50 Jahren geglaubt, dass Sie einmal als Bischof von Linz bzw. als Pfarrer im Linzer Franckviertel wirken werden? P. Bleibtreu: Ich habe mir beim Ludwig immer schon gedacht, dass aus ihm mal etwas wird. Mein Traum war immer, Pfarrer zu werden und mitten unter der Jugend zu sein. Mein Vater war Hilfsarbeiter, hat sich bis zu seinem Tod für mich geschunden. Da habe ich mir geschworen: Wenn ich Priester werde, kümmere ich mich um die arme Jugend.
Herr Bischof, bei Ihnen war es ähnlich, Sie hatten eine Kindheit in Armut. Bischof Ludwig: Wir wurden nach dem Kriegsende aus unserem deutschen Dorf aus der Slowakei vertrieben und kamen bitterarm nach Österreich. Hier haben wir sieben Jahre in Holzbaracken gewohnt. Aber das Gute war, dass die Baracken in der Schlachthausgasse standen, im Gebiet der Don Bosco Pfarre im 3. Wiener Gemeindebezirk. Wir Buben wurden dort immer freundlich aufgenommen. Es herrschte eine familiäre Atmosphäre. Es gab auch einen Sportplatz und Spielmöglichkeiten. So bin ich mit den Salesianern Don Boscos in Kontakt gekommen. Die Lebensweise der Patres und die gelebte Nächstenliebe, die ich dort erfahren habe, haben mich sehr beeindruckt und mich letztlich dazu geführt, dass ich bei den Salesianern Don Boscos eingetreten bin.
Wir führen das Interview anlässlich Ihres 75. Geburtstags, Herr Bischof. Sie haben inzwischen bei Papst Franziskus Ihren Rücktritt eingereicht. Wie geht es weiter? Bischof Ludwig: Ich weiß, dass das Rücktrittsgesuch in Rom eingelangt ist. Bis eine endgültige Entscheidung vom Papst kommt, werde ich weiter hier meinen Dienst als Bischof von Linz versehen. Ich habe kein Signal aus Rom, wie lange das noch dauern wird.
Sie sind nun zehn Jahre Bischof von Linz. Was macht Ihnen Freude an Ihrem Dienst? Bischof Ludwig: Die Verkündigung des Glaubens und die vielen Begegnungen mit den Menschen, die diesen Weg des Glaubens gehen. Besondere Freude macht mir auch die Arbeit mit den Jugendlichen, die Begegnungen bei den Pfarrvisitationen, bei denen ich sehr viel über das aktive Glaubensleben in den Pfarren erfahre und viele engagierte Christen treffe. Ich bin gerne bei den Menschen und bin offen für ihre Sorgen. Natürlich gibt es auch Probleme und heikle Situationen, die aber durch Gebet und das Gesprächsklima, das wir hier in der Diözese Linz haben, immer wieder einer guten Lösung zugeführt werden können. Für die Zusammenarbeit mit den Priestern, den Diakonen, den Pfarr- und Pastoralassistentinnen und -assistenten sowie den vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kirche bin ich sehr dankbar.
Welche Eigenschaften braucht ein künftiger Bischof von Linz? Bischof Ludwig: Einen Nachfolger zu suchen, ist nicht meine aktuelle Aufgabe. Wichtig ist aber, dass der Bischof eine große Liebe zum Volk Gottes hat. Seine Hauptaufgabe ist es, den Menschen die Frohe Botschaft Jesu Christi zu bringen, sie auf dem Weg zu Gott zu begleiten und die Sakramente zu spenden.
Mit der Sakramentenspendung sprechen Sie ein Problem an, das viel diskutiert wird: dass in jeder Pfarre sonntags eine Eucharistiefeier stattfinden kann. Bischof Ludwig: Es gibt noch genügend Eucharistiefeiern. Natürlich gibt es Priester, die mehrere Pfarren betreuen müssen. Die Rahmenbedingungen sind für Priester sicherlich schwieriger geworden. Hier braucht es auch ein kluges pastorales Vorgehen.
Einige Priester sprechen von Überlastung. Bischof Ludwig: Fragen Sie P. Bleibtreu. P. Bleibtreu: Manchmal geht es schon an die Belastungsgrenze, zum Beispiel wenn ich mehrere Hochzeiten und Begräbnisse knapp hintereinander habe. Ich will diese Feiern wirklich gut gestalten, da gibt man schon immer ein Stück von sich selbst her.
In diesem Zusammenhang ist auch die Sorge um die geistlichen Berufe ein Thema. Bischof Ludwig: Es liegt natürlich an der Situation von Gesellschaft und Kirche in unseren Breiten, dass wir weniger Priester und geistliche Berufe haben und der Glaube immer weiter zurückgeht. Ich höre es immer wieder von Kindern, dass bei ihnen zu Hause nicht gebetet wird. Wie soll dann der Glaube wachsen? Ich würde mir wünschen, dass der christliche Glaube bei den einzelnen Menschen und in den Familien tiefer und überzeugender gelebt wird. Dazu gehören das Gebet, die Beziehung mit Christus in den Sakramenten und ein Leben aus der Liebe zu Gott und den Nächsten. Dann würde es sicherlich wieder mehr geistliche Berufe geben.
Ein Bischof ist wie ein Seiltänzer, eingespannt zwischen den Ansprüchen rechtlicher Normen und verständnisvoller pastoraler Lösungen. Das hat Generalvikar Severin Lederhilger einmal gesagt. Erleben Sie das auch so? Bischof Ludwig: So arg und gefährlich ist der Seiltanz in der Kirche nicht. Die Kirche will mit ihren Geboten und Weisungen den Menschen helfen, den Weg zu Gott zu gehen.
Als Beispiel für das Eingespanntsein zwischen den Normen und pastoralen Lösungen wird immer wieder die Situation der geschieden Wiederverheirateten genannt. Bischof Ludwig: Die Ehe ist ein Sakrament und unauflöslich. Wer nach einer Scheidung in einer neuen Beziehung leben will, der begibt sich hier in einen Widerspruch. Gerade diese Frage wird auch ein Thema bei der kommenden Bischofssynode in Rom sein. Ich bete aber, dass der Hl. Geist bei diesen Begegnungen spürbar wird, und ich bitte die Leserinnen und Leser ebenfalls um das begleitende Gebet für die Synodenteilnehmer.
Die Salesianer Don Boscos gelten als glaubwürdiger Anwalt der Armen und der Jugend. Was macht Ihnen aktuell Sorgen? P. Bleibtreu: Die Arbeitslosigkeit und soziale Not steigt. Das merke ich hier im Franckviertel. Bischof Ludwig: Die Kirche unterstützt Menschen auf vielfältige Weise, etwa durch die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung, durch die Caritas, durch viele Initiativen in den Pfarren. Wir bemühen uns.
Österreich ist Zuwanderungsland. In der Pfarre Linz-Don Bosco sieht man das besonders. Die Pfarre geht diese Herausforderung offensiv an. Kann sie darin ein Vorbild sein? Bischof Ludwig: Jeder Jugendliche kann hier ein Zuhause finden, nicht nur Katholiken. Das ist richtig. Die Not als Ganzes ist jedoch nicht durch eine Pfarre zu bewältigen. Aber die Pfarre kann in jedem Fall einen Beitrag für ein gutes Klima des Miteinanders und des gegenseitigen Helfens leisten.
Wenn wir in die Zukunft schauen: Denken Sie schon öfter an Ihren Ruhestand, Herr Bischof? Möchten Sie in Linz bleiben? Bischof Ludwig: Ich möchte weiterhin in der Seelsorge tätig sein, so lange mir Gott die notwendige Gesundheit schenkt. Aber wo, das werde ich mit meiner Ordensfamilie abstimmen. Die hat ein erstes Anrecht auf mich, da ich ihr neben meinen Eltern so viel verdanke.
Der Ruhestand wird Ihnen mehr Zeit bringen. Haben Sie Wünsche? Mehr Fußballspiele anschauen, öfter nach Rom fahren? Bischof Ludwig: Nein, ich will mehr Zeit für die Lektüre, das Studium, das religiöse Leben und für das Gebet haben.
Zu den Personen
Bischof Ludwig Schwarz
Ludwig Schwarz wurde am 4. Juni 1940 in Bruck an der Donau bei Bratislava als erstes von neun Kindern geboren. Nach der Vertreibung der Familie aus der Slowakei kam Familie Schwarz im November 1945 nach Wien. 1957 legte Ludwig Schwarz die Profess bei den Salesianern Don Boscos ab. Am 29. Juni 1964 wurde er zum Priester geweiht. Ludwig Schwarz war unter anderem Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Wien und wurde am 15. Oktober 2001 durch Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof von Wien ernannt. Die Bischofsweihe durch Kardinal Dr. Christoph Schönborn war am 25. November 2001 im Stephansdom. Am 6. Juli 2005 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Bischof von Linz. Amtsübernahme war am 18. September 2005.
Pater Karl Bleibtreu
Pater Karl Bleibtreu ist wie Bischof Ludwig Schwarz Salesianer Don Bosco. Er ist Pfarrer in Linz Don Bosco. Mit dem Franckviertel verbindet den gebürtigen Grazer eine lange Geschichte. Schon vor über 50 Jahren wirkte er in Linz Don Bosco und seit 2004 lebt er hier als Pfarrer.